Christoph Waltz: Der neue, alte Shootingstar

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Der Wiener, bisher eher als TV-Nebendarsteller bekannt, darf nach dem Erfolg in Cannes mit einer späten Hollywoodkarriere rechnen.

Dass er Österreicher ist, war bisher weder weitläufig bekannt noch sonderlich interessant. Seit Christoph Waltz aber Sonntagabend beim Filmfestival in Cannes als bester Darsteller ausgezeichnet wurde, wird seinem Namen konsequent ein „der gebürtige Wiener“ vorangestellt.

Der gebürtige Wiener Waltz lebt zwar lange nicht mehr hier (sondern in London), sagt „gucken“ und „Kohle“, klingt also eher wie ein Deutscher. Die Nation aber, seit dem Ruzowitzky-Oscar und dem Spielmann-Fast-Oscar filmpreistechnisch verwöhnt, ist stolz auf Waltz (und Hanekes Goldene Palme). Ohne ihn gut zu kennen. In Hauptrollen hat man Waltz bisher selten gesehen, schon gar nicht im Kino. Der Schauspieler war vor allem für TV-Filme und -Serien (Tatort!) gebucht, meist waren es Nebenrollen, meist gab er, schauspielerisch auf hohem Niveau, den Mörder, Psychopathen und Intriganten. Der fix gebuchte Bösewicht. Eine Karriere in Hollywood lag da nicht ansatzweise in der Luft. Das ist nun anders. Seine Rolle als ebenso charmanter wie fieser SS-Offizier Hans Landa in Tarantinos „Inglorious Basterds“ wurde in Cannes einhellig bejubelt. Eine Karriere in Hollywood gilt jetzt als fix.

Waltz, der neue, wenn auch nicht ganz junge (er wird 53) Shootingstar. Der sich an das Rampenlicht erst gewöhnen muss. Auf dem roten Teppich in Cannes fehlte er oder stand irgendwo bescheiden am Rand, während sich Ko-Star Brad Pitt, der im Film eine kleine Rolle spielt, im Blitzlicht räkelte. Die Show mag Pitt gehört haben. Den Film aber nimmt Waltz „in Besitz und gibt ihn nicht mehr her“, wie die „Süddeutsche“ schrieb.
Und Waltz selbst? Gab sich bei der Dankesrede gerührt. „Quentin, du hast mir meine Berufung zurückgegeben“, sagte er. Umgekehrt hat Tarantino dem Österreicher auch nicht wenig zu verdanken. Ein Jahr, erzählt Tarantino gern, habe er nach einem Darsteller für die Hauptrolle gesucht, fast hätte er den Film hingeschmissen. Dann aber war Waltz beim Casting der Einzige, der „die Gedichte in jeder gewünschten Sprache sprechen konnte. Er ist ein sprachliches Genie. Ohne Christoph hätte ich den Film nicht gemacht.“ Waltz reagierte bescheiden. Dass er im Film vier Sprachen spricht, sei nichts Besonders. Denn „ich habe die ärgsten Idioten gesehn, die sieben Sprachen sprechen.“

Schaden wird sein fast akzentfreies Englisch in Hollywood sicher nicht. Dort wollte er schon einmal hin, Ende der 70er, nachdem er am Max-Reinhardt-Seminar und am Lee Strasberg Theatre Institute studiert hatte. Damals riet ihm ein Agent ab. Als Österreicher, sagte er, „wirst du den Rest deines Lebens durch den Hintergrund rennen und ,Heil Hitler‘ schreien.“ Das ist in „Inglorious Basterds“ zwar auch so. Nur steht Waltz damit jetzt im Vordergrund.
Mehr zu Österreichs Erfolgen in Cannes: Seite 21

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2009)

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