Förderung: Sieben Mio. Euro für Bauern: „Nicht ausreichend“

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Die EU hat die 500 Mio. Euro Zuschuss für Bauern aufgeteilt. An Österreichs Anteil übt Minister Rupprechter Kritik.

Luxemburg/Wien. Es ging auch diesmal nicht ohne Demonstrationen. 50 Traktoren standen vor dem Gebäude der EU-Kommission in Luxemburg, einige hundert Bauern forderten auf Plakaten und mit Sprechchören Unterstützung. Erst durch eine ähnliche, freilich weitaus größere Demonstration mit 2000 Traktoren und 6000 Teilnehmern, hatten sich die Bauern vor einer Woche die Zusage der EU um finanzielle Hilfe erkämpft.

Am gestrigen Dienstag berieten die EU-Agrarminister, wie die zugesagten 500 Millionen Euro auf die Mitgliedsländer verteilt werden sollen. Das meiste Geld – 69,2 Millionen Euro – erhalten Deutschlands Bauern. Die zweitgrößte Summe fließt mit 62,9 Mo. Euro an Frankreich, auf Platz drei folgt Großbritannien mit 36,1 Mio. Euro. Österreichs Bauern sollen sieben der 500 Mio. Euro an EU-Hilfsgeldern erhalten. Kriterium bei der aktuellen Zuteilung der Förderungen ist der Umfang der Milchproduktion im Vorjahr.

Das Geld soll vor allem Milchbauern und Schweinefleischproduzenten helfen, die mit den niedrigen Preisen für ihre Produkte kämpfen. In der Milchwirtschaft ist der Preis für einen Liter Milch in den vergangenen Monaten von 40 Cent pro Liter auf 30 Cent in Österreich gefallen. In anderen Ländern wird noch weniger bezahlt. Der Preisverfall ist Folge eines Überangebots von Milch, da Russland wegen der Ukraine-Krise ein Einfuhrverbot für europäische Agrarprodukte verhängt hat, die Nachfrage aus China gesunken ist und auch die EU-Milchquote im Frühjahr abgeschafft wurde. Schweinefleisch aus Europa führt Russland schon länger nicht ein.

Mit der Hilfe der EU für Österreich hat Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) wenig Freude. Die Maßnahmen der Kommission seien „keineswegs ausreichend“, ließ der Minister in einer Aussendung wissen.

Die in Österreich verhältnismäßig erschwerten Produktionsbedingungen sowie die Dürreschäden in diesem Sommer seien bei der Verteilung der Mittel nicht berücksichtigt worden. „Der Verteilungsschlüssel ist intransparent und nicht nachvollziehbar“, so Rupprechter. Er verlangte weitergehende Vorschläge und Maßnahmen zur Marktentlastung seitens der Kommission. „Die einzelnen Mitgliedstaaten können diese Aufgabe nicht bewältigen. Notwendig ist ein gesamteuropäisches Maßnahmenpaket, für das auch ausreichend Mittel bereitgestellt werden müssen.“

Fläche geht verloren

Ob die 500 Mio. Euro genügen werden, um den Bauern durch das derzeit tiefe Preistal zu helfen, ist fraglich. Der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte die EU-Kommission vergangene Woche aufgefordert, die Hilfen für die Landwirte mindestens zu verdoppeln. 500 Mio. Euro seien „ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Rukwied. Den schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Landwirtschaft werde das aber nicht gerecht. „Am Ende muss eine Summe stehen, die deutlich über einer Milliarde liegt.“

In Österreich trifft der Preisverfall vor allem die klassischen Milchbauern. Landwirte, die etwa auf Biomilch oder andere speziellen Milchprodukte (Heumilch) setzen, bekommen derzeit höhere Preise. Laut Landwirtschaftsministerium werden wegen der hohen Nachfrage dafür 40 Cent pro Liter und mehr bezahlt.

Dass die Landwirtschaft weltweit unter Druck ist, belegt ein gestern veröffentlichter UN-Bericht. Jedes Jahr gingen wertvolle Flächen verloren, weil sie entweder versiegelt oder durch intensive Landwirtschaft zerstört würden. Der Verlust belaufe sich weltweit auf 6,3 bis 10,6 Billionen Dollar (etwa 5,6 bis 9,4 Billionen Euro). Die verlorenen Werte können Ernteerträge sein, aber zum Beispiel auch sauberes Wasser.

Der jährliche Verlust entspricht der Studie zufolge zehn bis 17 Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts.

Nach Angaben der Wissenschaftler könnte die Entwertung der Flächen in den nächsten zehn Jahren auch zu 50 Millionen Flüchtlingen führen – alles Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, weil der Boden sie nicht mehr ernähren kann. (red./ag.)

AUF EINEN BLICK

Die EU hat gestern festgelegt, wie die 500 Mio. Euro Soforthilfe für Landwirte verteilt werden. Deutschland erhält mit 69,2 Mio. Euro das meiste Geld, gefolgt von Frankreich (62,9 Mio. Euro). Österreich erhält sieben Millionen Euro. Landwirtschaftsminister Rupprechter bezeichnete diesen Betrag als „keineswegs ausreichend“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2015)

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