Anfang September unterzeichneten die beiden Konzerne zwei wichtige Kooperationsverträge. Damit wird eine langjährige »Freundschaft« fortgeführt.
Es war das Jahr 1968. Der Kalte Krieg hatte seine erste Hochphase. Nur sechs Jahre zuvor stand die Welt aufgrund der Kuba-Krise an der Schwelle zum Dritten Weltkrieg, und die zunehmende Eskalation in Vietnam sorgte erneut für schlechte Stimmung zwischen Ost und West. Just in dieser Phase der stärksten Distanzierung gelang der OMV einer ihrer wichtigsten Meilensteine: Sie schloss als erstes westliches Unternehmen einen langfristigen Liefervertrag mit dem russischen Gasmonopolisten Gazprom ab. Die OMV war damit Vorreiter für eine ganze Reihe von anderen westlichen Firmen.
Seither belieferte Gazprom den Westen stets mit Gas. Auch in der zweiten Hochphase des Kalten Krieges, den 1980er-Jahren, blieben die Lieferungen nie aus, wie man beim heimischen Energiekonzern gern betont. Nur in den jüngsten Gaskrisen (2005/06 und 2008/09) gab es Probleme.
Auslöser war in beiden Jahren der russisch-ukrainische Konflikt. Auch heute ist es die politische Situation in der Ukraine, mit einer Annexion der Halbinsel Krim sowie den von Russland unterstützen Separatisten in der Ostukraine, die zu einer neuen Entfremdung zwischen Russland und dem Westen führte. Erneut unterzeichnete die OMV (diesmal allerdings nicht allein, sondern parallel mit der deutschen BASF/Wintershall) just in dieser Situation Verträge über eine engere Zusammenarbeit mit dem russischen Monopolisten. So wird sich die OMV am Bau der zweiten Ausbaustufe der Gaspipeline Nord Stream beteiligen. Diese führt direkt vom russischen Staatsgebiet durch die Ostsee nach Deutschland und hat somit den Vorteil, dass es auf dieser Strecke keine Transitstaaten wie die Ukraine mehr gibt.
Wesentlich interessanter ist jedoch das zweite Abkommen. Laut diesem erhält die OMV eine Minderheitsbeteiligung an einem riesigen Gasfeld im westsibirischen Urengoi – im Tausch gegen Assets der OMV in Europa. Welche Aktivitäten der heimische Konzern den Russen dafür überschreibt, ist nach wie vor offen. Eine Möglichkeit wären die heimischen Gasspeicher. Dies war nämlich das Tauschobjekt, das BASF gegen die Felder eintauschte. Auch ein Anteil an der Vertriebsgesellschaft Econgas wäre möglich, da Gazprom seit jeher Interesse am europäischen Endkundengeschäft hat. Interesse wird den Russen aber auch an einem großen Gasfeld nachgesagt, das die OMV zusammen mit Exxon im Schwarzen Meer vor der Küste Rumäniens entdeckt hat. Letzteres will Seele aufgrund der frühen Phase der Exploration aber lieber „nicht in Betracht“ ziehen. jaz
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2015)