Oliver Lederer: "Als Admiraner fehlt die Lobby"

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Co-Trainer Oliver Lederer sieht die Admira vor dem Duell mit Rapid längst nicht am Leistungszenit angekommen. Der 37-Jährige über das Graue-Maus-Image, Guardiola und ÖFB.

Admira galt in der Bundesliga stets als Abstiegskandidat, in dieser Saison aber steigt die graue Maus zu ungeahnten Höhen auf, wurde sogar Tabellenführer. Hat Sie dieser Erfolg auch selbst überrascht?

Oliver Lederer: Jein. Wir spielen noch lang nicht das, was wir spielen können, haben noch viel Luft nach oben. Andererseits haben wir schon 17 Punkte. Also weit mehr, als wir uns erträumt haben.

Ihre Mannschaft kann also noch besser spielen, als sie es bislang getan hat?

Ja, sogar deutlich besser! Wir haben eine junge, giftige Mannschaft, die fast ausschließlich aus Spielern besteht, die in der Vergangenheit wenig gespielt haben. Zum Teil fehlt also die Spielpraxis, ebenso die Fitness. Wenn sich diese Spieler diesbezüglich weiter verbessern, wird die Mannschaft noch besser spielen, was sich aber nicht immer auf das Punktekonto niederschlagen muss.

Wissen Sie eigentlich, wie jung Ihre Mannschaft im Durchschnitt ist?

Zwischen 23 und 24 Jahren.

Sie ist noch jünger, mit 22,7 Jahren stellt Admira neben Salzburg die jüngste Truppe der Liga. Muss man darum nicht im Lauf der Saison mit einem Formeinbruch rechnen?

Wir malen den Teufel nicht an die Wand, sondern sind überzeugt, über 36 Runden konstant unsere Leistung bringen zu können. Aber der Gegner wird sich besser auf uns einstellen, auch die Außenseiterrolle wird einmal wegfallen. Dann müssen wir Lösungen parat haben. Wir wollen für jeden ein unangenehmer Gegner sein.

Ihre Spieler wurden schon auf den Europacup-Startplatz angesprochen . . .

Vor acht Wochen waren wir Fixabsteiger, jetzt sind wir Europacup-Aspirant. Keiner kann wissen, was am Ende der Saison herausschaut. Mit Stand heute ist der Europacup für uns kein Thema.

An der Admira haftet das Image der grauen Maus der Bundesliga. Ärgert Sie das?

Man wäre schlecht beraten, dieses Image einfach zu akzeptieren. Wir tun gut daran, unser Image aufzupolieren. Mir wäre lieber, wir sind die graue Maus mit ein paar Farbtupfern. Die Admira möchte für den jungen österreichischen Weg stehen. Unser aktueller Erfolg soll nicht nur ein kurzes Aufflackern sein.

Sie spielen ausschließlich mit Österreichern. Eine Not oder doch eine Tugend?

Wir wehren uns überhaupt nicht gegen einen hochkarätigen Ausländer. Im Augenblick ist es aber so, dass wir unser Scoutingsystem nicht auf ganz Europa ausdehnen können, dafür fehlen uns die Mittel. Der Markt ist damit sehr eingeschränkt, wir konzentrieren uns auf Österreich und den eigenen Nachwuchs. Wir halten die Augen weiter offen, aber ein Ausländer ist schnell einmal so teuer, dass er unsere finanzielle Kapazität ein bisschen überschreitet.

Junge Spieler tendieren manchmal dazu, bei plötzlichem Erfolg abzuheben. Haben Sie Sorgenkinder in Ihrem Team?

Da sticht niemand negativ heraus, das sind alles sehr bescheidene Burschen, die im Training fokussiert arbeiten. Es gibt keinen Anlass zur Sorge.

Wie kann es der Admira gelingen, bei Heimspielen dauerhaft mehr als 3000 Zuschauer in die Südstadt zu locken?

Der wesentliche Faktor ist und bleibt der Erfolg. Aber wir haben nicht aus Zufall das Saisonmotto „Herzblut“ ausgegeben. Wenn die Mannschaft dieses Herzblut in jedem Spiel vorlebt, dann glaube ich können wir ein Publikum erreichen, das kein reines Erfolgspublikum ist. Und man verspürt tatsächlich einen gewissen Aufschwung in und rund um die Südstadt. Da gibt es von Passanten schon einmal einen Daumen nach oben. Zuletzt wurde ich sogar in einer Bücherei angesprochen.

Sie bezeichnen Pep Guardiola als Vorbild. Was imponiert Ihnen am Bayern-Coach?

Es geht mir nicht um den Typen Guardiola, das könnte auch der Herr Meier sein. Es ist die Art und Weise, wie er den Fußball geprägt hat und noch immer prägt. Guardiola hat mit Barcelona einen Fußball spielen lassen, der in dieser Form davor nicht existiert hat. Dieser Fußball hat mir als Konsument extrem zugesagt. Momentan drückt er auch einer großartigen Bayern-Mannschaft einen anderen, seinen eigenen Stempel auf. Guardiola gelingt es über den Tellerrand hinweg, Mannschaften und Spieler zu entwickeln.

An Ihrer Seite steht Ernst Baumeister, der Altersunterschied zwischen Ihnen beträgt immerhin 21 Jahre. Ein Problem?

Nein, überhaupt nicht. Ernst ist ein jung gebliebener Altspatz, der chronisch positiv ist. Eine Eigenschaft, die Michael Horvath und ich als Co-Trainer sehr schätzen. Was mir am allermeisten imponiert, ist, dass er Michaels und meine Experimentierfreudigkeit vollauf unterstützt. Immerhin ist er derjenige, der die Entscheidungen nach außen vertreten muss.

Ist die Südstadt für einen jungen Trainer ein angenehmer Arbeitsplatz?

Wenn man es auf den doch geringeren Druck von Medien und Fans bezieht, ja. Auf der anderen Seite habe ich zweimal miterlebt, was es heißt, um den Klassenerhalt zu kämpfen, dann wird es schnell unangenehm. Das ist schon extrem, man lernt sich selbst sehr gut kennen. Wenn man sich für einen Klub und dessen Existenz so verantwortlich fühlt, geht einem der Abstiegskampf persönlich sehr nahe.

Admira liegt in der Tabelle einen Punkt vor Rapid und gastiert heute im Happel-Stadion. Wäre ein Remis ein Erfolg?

Ich kann nichts damit anfangen, wenn man sich schon vor dem Anpfiff mit einem Unentschieden begnügen würde. Wir gehen in das Spiel gegen Rapid im Happel-Stadion mit der Gewissheit, dass es eine ganz schwierige Aufgabe wird, aber mit der Absicht, dieses Spiel zu gewinnen. Wir trauen uns das auch zu. Ich möchte meine Mannschaft dementsprechend auftreten sehen. Wenn wir am Ende ein glückliches Unentschieden erspielen, werden wir damit zufrieden sein. Wenn wir als bessere Mannschaft Unentschieden spielen, werden wir eben nicht zufrieden sein.

Wird man in absehbarer Zukunft einen Admiraner im ÖFB-Team sehen?

Das wäre eine lässige Geschichte. In den Nachwuchsnationalteams sind wir stark vertreten. Aber man muss sehen, dass es in der aktuellen Form des A-Teams für einen Admiraner, auch mit dieser Lobby, extrem schwierig ist. Aber meine Spieler haben jede Woche die Chance, sich zu präsentieren, vielleicht den Sprung zu einem größeren Klub zu schaffen. Und dann traue ich vielen meiner Spieler zu, den nächsten Schritt zu machen.

Steckbrief

Oliver Lederer
wurde am 2. Januar 1978 in Wien geboren.

In seiner aktiven Karriere spielte Lederer unter anderem für Rapid, Admira, Vienna und LASK, für ein halbes Jahr zog es ihn nach Griechenland (AO Patraikos Patra).

Als Trainer begann er 2010 bei den Admira- Amateuren zu arbeiten, seit 2013 ist er Teil des Trainerteams der Bundesligamannschaft. Da Lederer noch die Uefa-Pro-Lizenz fehlt, darf er offiziell nur das Amt des Co-Trainers ausüben. Ihm übergeordnet ist Ernst Baumeister als Chefcoach der Südstädter.

Im Februar 2016 findet die Ausschreibung für den nächsten Pro-Lizenzkurs statt. „Wenn ich beim ÖFB Aufnahme finde, darf ich auch offiziell das Amt des Cheftrainers ausüben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2015)

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