Strache: "Graf ist das Opfer"

NATIONALRAT: MARTIN GRAF (FPOE)
NATIONALRAT: MARTIN GRAF (FPOE)(c) APA (Hans Klaus Techt)
  • Drucken

FP-Chef Strache verteidigt den Dritten Nationalratspräsidenten. SPÖ und Grüne wollen Graf absetzen, ÖVP und BZÖ sind dagegen. Bundespräsident Fischer warnt vor Grenzüberschreitung.

Bundespräsident Heinz Fischer hat sich am Donnerstagabend indirekt in der Causa Graf zu Wort gemeldet. Er wolle keine "billige Anklage und keine pauschale Schelte" üben, betonte der Präsident im Rahmen einer Journalistenpreisverleihung. Die Meinungsfreiheit der Kritik sei schließlich eines der kostbarsten Güter der Demokratie, andererseits gebe es eine Grenze zwischen scharfer und pointierter Kritik und einer Ausdrucksweise die "von betroffenen Menschen als in der Nähe der Verhetzung angesiedelt empfunden wird und ihnen Angst macht". Diese Grenze dürfe nicht überschritten werden, auch wenn sie "nicht leicht zu definieren ist". Bei der Auseinandersetzung mit solchen Vorfällen betretet man einen "schmalen Grad".

Im Nationalrat ist FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache angetreten, um den vor allem von SPÖ und Grünen attackierten Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf in Schutz zu nehmen. Strache beschrieb seinen Parteifreund als "Opfer", das seit Monaten Beschimpfungen und Diffamierungen ausgesetzt sei. Überhaupt sei die FPÖ ständig "unglaublichen Entgleisungen" und "unfassbaren Unglaublichkeiten", ausgesetzt. Es gebe sogar im Hohen Haus offenbar einen Grundkonsens, dass man die FPÖ unflätig beschimpfen und auch tätlich angreifen könne.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, geriere sich wie ein Parteipolitiker und übe sich in Beschimpfungen der FPÖ, so Strache. Wenn man diese Äußerungen dann zurückweise und sich zur Wehr setze, fänden nur Beschimpfungen der FPÖ statt. Dabei habe gerade er, Strache, immer den Dialog mit allen anderen gesucht.

Graf kein Vorsitz mehr?

Erwogen wird anscheinend eine Regelung, wonach Graf zwar weiter Nationalratspräsident bleibt, aber keinen Vorsitz mehr im Plenum führen soll. Eine entsprechende Wortmeldung kam vom ÖVP-Abgeordneten Ferdinand Maier. "Ich kann dazu nur sagen, dass ich den Vorschlag für überlegenswert halte und ich bin diesbezüglich auch in Gesprächen mit der ÖVP", sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Eine derartige Vorgangsweise gehe aber nicht ohne den Zweiten Präsidenten Fritz Neugebauer (V), betonte sie.

Grüne und SPÖ wollen Absetz-Möglichkeit

Derzeit ist eine Abwahl eines Nationalratspräsidenten nicht möglich, und Graf lehnt alle Rücktrittsforderungen ab. Die Grünen und die SPÖ wollen die Möglichkeit dazu jetzt schaffen. ÖVP und BZÖ lehnen das jedoch ab. Man würde damit doch nur einen Märtyrer schaffen, wie VP-Klubchef Karlheinz Kopf und der orange Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Ewald Stadler, argumentierten.

Die Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig stellte im Nationalrat einen Antrag, der die Möglichkeit zur Absetzung von Nationaratspräsidenten vorsieht. Bei Zwei-Drittel-Mehrheit und Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten soll es die Möglichkeit geben, dass ein Präsident sein Amt verliert.

Noch gestern Nachmittag hatten die Grünen es abgelehnt, die Präsidenten absetzbar zu machen, würde das doch eine Beschneidung von Minderheitsrechten bedeuten. Wenig später hatte man es sich anders überlegt. Glawischnig begründete diese Haltungsänderung gestern Abend damit, dass Graf nach seinen Attacken auf den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Ariel Muzicant auch noch den "antifaschistischen Grundkonsens" der Republik seitens der FPÖ in Abrede gestellt hatte.

Pröll gegen Abwahl-Möglichkeit

ÖVP-Chef Vizekanzler Josef Pröll sprach sich gegen die Abwahl-Möglichkeit des Nationalratspräsidiums aus. Dieser Vorschlag sei "nicht ausgereift", sagte er am Mittwochabend. Es sei kein Platz für "kurzfristige Anlassgesetzgebung".

Gleichzeitig verurteilte Pröll Grafs Aussagen erneut. "Derartige Provokationen haben offenbar System. Ich halte das für verantwortungslos und gefährlich".

Muzicant bleibt bei Goebbels-Vergleich

Ariel Muzicant selbst ließ am Donnerstag verlautbaren, er bleibe bei seinem Vergleich von FP-Generalsekretär Herbert Kickl mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels: "Kickl ist einer der Haupttäter beim Hetzen", erklärte er im Ö1-"Mittagsjournal". Der Vergleich sei zwar "überzogen" gewesen, gab er zu, doch Kickl verbreite "Sprachzüge", "wie wir sie in Österreich nicht mehr wollen".

Zu der Diskussion rund um die Abwahl Grafs will Muzicant "keine Ratschläge erteilen", die Verantwortung liege bei der Politik. Er glaubt aber, dass Grafs Ansehen so beschädigt sei, dass dieser im Inland und im Ausland Schwierigkeiten haben werde, "als Funktionsträger anerkannt zu werden".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Kultusgemeinde/FPÖ: Muzicant nimmt Grafs Einladung an

Versöhnung? Ja, aber: Der Kultusgemeinde-Chef stellt Bedingungen. Unter anderem solle Graf aus der Burschenschaft „Olympia“ austreten.
ARCHIVBILDER / COMBO: MUZICANT, GRAF
Politik

Causa Graf: Ariel Muzicant zu Gespräch bereit

Muzicant nimmt die Gesprächseinladung von Martin Graf an, "um tatsächlich etwas zu ändern". Er will Forderungen stellen: Graf soll unter anderem die Mitgliedschaft bei der Burschenschaft Olympia beenden.
Medien

"News"-Fotomontage: Graf und Strache im Reichstag

Das aktuelle "News"-Cover zeigt FPÖ-Chef Strache als Hitler und den dritten Nationalratspräsidenten Graf als Göring. Chefredakteur Athanasiadis spricht von einem "Statement", die FPÖ vom "Tiefpunkt" des Journalismus.
Innenpolitik

Faymann und Pröll gegen Graf

Ministerratssitzung: Der Kanzler will den FPÖ-Mann per Gesetz seines Amtes entheben (lassen) – der Vizekanzler hofft auf einen freiwilligen Rücktritt.
Hannes Swoboda
Politik

Swoboda über FPÖ: "Rülpser, die zum Himmel stinken"

Der SP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl wirft der FPÖ "Hetze" vor: "Jegliche Zusammenarbeit mit der Strache-FPÖ ist unerträglich." In der Causa Graf habe die ÖVP eine "Wischi-Waschi-Haltung".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.