EU-Gipfel: Offener Schlagabtausch zwischen Faymann und Orban

Wenig zu Lachen haben Faymann und Orban in der Flüchtlingskrise.
Wenig zu Lachen haben Faymann und Orban in der Flüchtlingskrise.APA/HELMUT FOHRINGER
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Kanzler Faymann und Ungarns Premier lieferten sich am EU-Sondergipfel hitzige Diskussionen. Ungarn erwäge, Flüchtlinge nach Österreich passieren zu lassen.

"Sie können sich vorstellen, dass die Diskussion zwischen dem ungarischen Premierminister und dem österreichischen Kanzler sehr energiegeladen war", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach dem EU-Sondergipfel der Staats-und Regierungschefs. Das Büro Werner Faymanns selbst bestätigte gegenüber der "Presse", dass es zu dem offenen Schlagabtausch zwischen Faymann und Ungarns Premier Viktor Orban gekommen ist.

Demnach habe der Bundeskanzler beim Brüsseler Gipfeltreffen von einem Besuch in Nickelsdorf erzählt. Dort hätten ihm hungrige Flüchtlinge berichtet, dass sie in Ungarn von den Behörden und der Polizei schlecht behandelt worden seien. Orban dementierte die Vorwürfe. Die EU müsse sich entscheiden, was sie von Ungarn wolle: Solle es Flüchtlinge weiterschicken oder behalten?

"Können Flüchtlinge durchreisen lassen"

Faymanns Konter: "Wir wollen von Ungarn drei Dinge. Dass es sich an Asylrecht, an die Schengen- und Dublinregeln hält." Er wisse, dass die letzten beiden Anforderungen schwer zu erfüllen seien. Wenn Ungarn die Schengen- und Dublinregeln nicht einhalten könne, dann müsse man in der EU gemeinsame Lösungen finden. Es dürfe keinen Alleingang von Staaten geben, wie die Errichtung von Zäunen.

Ungarns Regierungschef Viktor Orban erklärte gegenüber der ungarischen Nachrichtenagentur MTI, sein Land könne jederzeit seine Bemühungen zum Bremsen des Flüchtlingsstroms beenden und die zu Tausenden ankommenden Flüchtlinge nach Österreich und Deutschland durchreisen lassen. "Das müssen wir letzlich erwägen", sagte Orban er nach dem EU-Gipfel am Mittwochabend.

Faymann habe eindeutig gesagt, "wenn wir die Migranten nur mittels eines Zaunes stoppen können, dann sollen wir sie lieber durchlassen", sagte Orban. Sein Land habe derzeit zwei Möglichkeiten, erklärt der ungarische Premier. Man könne die grüne Grenze mit einem Zaun schützen oder, wenn dies anderen "nicht gefällt", alle Flüchtlinge passieren lassen.

Kovács: Faymanns Position inkonsistent

Auch Orbans Regierungssprecher Zoltán Kovács bestätigte der "Presse", dass es zu diesem Wortgefecht gekommen ist. Er bezeichnete Faymanns Position als inkonsistent. Beim Gipfel in Dublin hätten sich die Regierungschefs darauf verständigt, dass die Dublin-Regeln nach wie vor für alle gelten. Daraus resultiere, dass es die Pflicht Ungarns sei, die EU-Außengrenze zu schützen.

Erstmals waren die Verstimmungen zwischen Faymann und Orban Mitte August ans Licht gekommen. In einem Interview mit dem deutschen Spiegel verglich der Kanzler Ungarns Aktion, Flüchtlinge in einem Zug nicht nach Deutschland sondern in Aufnahmelager zu bringen, mit der "dunkelsten Zeit unseres Kontintents". Mehrmals hatte Faymann zudem den Bau des Grenzzauns zu Serbien kritisiert und ist damit auf Unverständnis in Budapest gestoßen.

Themenforum: Die Flüchtlingskrise ist auch eine Chance für Österreich und Europa, weil…

(cu/maka)


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