Brasilien: Drei große Probleme für Petrobras

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Der brasilianische Real ist auf ein Allzeittief zum Dollar gefallen. Ein weiterer Schlag für Petrobras, das sich stark in US-Dollar verschuldet hat – und jetzt einen Ausweg braucht.

Wien/Brasilia. Brasilien kommt aus dem Abwärtsstrudel nicht heraus. Trotz Interventionen seitens der Notenbank ist die Währung des Landes, der brasilianische Real, am Mittwoch auf ein Allzeittief gegenüber dem US-Dollar gefallen. Der Dollar verteuerte sich um 2,3 Prozent auf 4,14 Real. Damit hat die brasilianische Währung heuer bereits 35 Prozent ihres Wertes verloren. Die Notenbank versuchte mit Swaps und Repo-Geschäften, die heimische Währung zu stützen. Die Maßnahmen blieben erfolglos. Finanzminister Joaquim Levy sagte daraufhin eine für Donnerstag geplante Reise nach New York ab.

Die Gründe für Brasiliens Malaise sind vielfältig. So leidet das größte Südamerikanische Land unter Kapitalabflüssen, die der tendenziell strafferen Geldpolitik der USA geschuldet sind. Unter diesem Trend leiden aber auch andere Entwicklungsländer. In Brasilien kommen aber noch einige hausgemachte Probleme dazu. Ein entscheidender Brandherd ist die Petrobras-Affäre und ihre Folgen. Das halbstaatliche Energieunternehmen hätte schon angesichts der niedrigen Ölpreise genügend Probleme. Aber damit nicht genug.

Genauso wie das Land Brasilien wurde Petrobras zuletzt von der Ratingagentur S&P herabgestuft. Um zwei Stufen auf BB. Die Aktie des Unternehmens ist in den vergangenen zwölf Monaten um rund 70 Prozent gefallen – während der brasilianische Markt im Durchschnitt um „nur“ 50 Prozent nachgegeben hat.

Wackelige Staatsfinanzen

Im ersten Halbjahr ist der Umsatz um 27 Prozent gefallen: von rund 70 auf 52 Mrd. Dollar. Um Geld zu sparen, wurden die Ausgaben um 40 Prozent zurückgefahren – und auch bereits beschlossene Verträge für Ölbohrungen wieder gekündigt. Für Petrobras kommen drei Probleme zusammen, die gemeinsam eine große Herausforderung darstellen. Da wäre der Korruptionsskandal rund um Petrobras-Vorstände, die überteuerte Verträge im Austausch für Kick-back-Zahlungen abgeschlossen haben sollen. Der Skandal zieht weite Kreise. Aussagen eines Zeugen haben sogar zu gesonderten Ermittlungen gegen Aloizio Mercadante, den Kabinettschef von Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff, geführt.

Dazu kommen die wackeligen Staatsfinanzen. Brasilien hat sich selbst nun ein hartes Sparprogramm auferlegt – als Reaktion auf die Ratingagenturen. Einsparungen und Steuererhöhungen von umgerechnet 15 Milliarden Euro sollen kommen. Zehn von 39 Ministerien sollen aufgelöst werden, was eine Streichung von tausenden Stellen bedeutet. Zudem sollen im öffentlichen Dienst Löhne eingefroren werden, und es soll einen Einstellungsstopp geben. Auch soziale Ausgaben etwa im Wohnungs- und Gesundheitsbereich sollen gekürzt werden. Am Donnerstag gab es heftige Proteste in den großen Städten.

90 Mrd. Schulden in US-Dollar

Was für Petrobras aber wirklich gefährlich werden könnte: der enorm schwache Real. Der Ölkonzern hat ausstehende Schulden von rund 134 Mrd. Dollar. 90 Mrd. davon – also etwa 70 Prozent – sind in US-Dollar denominiert. Heißt: Petrobras muss immer mehr Real aufbringen, um seine Schulden zu bedienen – und das vor dem Hintergrund möglicherweise dauerhaft niedriger Ölpreise.

Die Dollarschulden von Petrobras sind eine Folge der amerikanischen Nullzinspolitik. Investoren haben außerhalb der westlichen Welt nach Profit gesucht – und sind in Brasilien gelandet. Jetzt, da die US-Notenbank Federal Reserve die Lockerung der Geldpolitik zumindest gedrosselt hat, fließt dieses Geld wieder ab. Das schwächt den Real – und verschlimmert die Situation für Petrobras. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2015)

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