Noch in diesem Jahr werden höhere Zinsen kommen, sagte die Fed-Chefin, sofern sich der US-Arbeitsmarkt weiter verbessere. Ihre Rede musste Yellen wegen Unwohlsein vorzeitig abbrechen.
Trotz der Sorgen über die abflauende Weltwirtschaft will US-Notenbankchefin Janet Yellen die Zinswende noch dieses Jahr angehen. Auch die meisten ihrer Kollegen in der Führungsetage der Zentralbank Fed hielten einen solchen Schritt für wahrscheinlich, sagte Yellen am Donnerstag in einer Rede an der Universität von Massachusetts in Amherst. Der Dollar legte nach den Äußerungen Yellens zum Euro zu. Die Aktienmärkte in Asien standen unter Druck.
Voraussetzung sei allerdings, dass die Inflation stabil bleibe und die heimische Wirtschaft stark genug sei, um die Beschäftigung anzukurbeln. Erneut blieb jedoch unklar, ob die Fed eher den Oktober oder den Dezember für die geldpolitische Straffung ins Auge fasst. Mit einem Anfall von Unwohlsein sorgte die 69-jährige Chefin der mächtigsten Notenbank der Welt während ihrer Rede für Aufsehen im Saal: Nach Angaben eines Universitätssprechers konnte sie jedoch am Abend wie geplant an einem Dinner teilnehmen.
Kritk an Yellen
Yellen hatte während ihrer Rede in dem voll besetzten Hörsaal in Amherst plötzlich gehustet und den Vortrag dann mit den Worten abgebrochen: "Lassen Sie mich hier aufhören." Laut einem Fed-Sprecher fühlte sich die Notenbankchefin "am Ende einer langen Rede unter heller Beleuchtung dehydriert". Notfallmediziner hätten sie vorsichtshalber untersucht. Die Fed-Chefin hatte laut Begleitern einen anstrengenden Tag hinter sich. Bereits bei einem Arbeitsfrühstück in der Universitätsstadt Amherst musste sie zahlreiche Fragen zur Notenbank beantworten.
Yellen war zuletzt verstärkt wegen ihrer Kommunikationspolitik in die Kritik geraten. Sie hatte die erste Zinserhöhung seit fast zehn Jahren in Aussicht gestellt, den weitreichenden Schritt jedoch immer wieder hinausgezögert. Vor der Septembersitzung ließ sie Finanzmarktteilnehmer praktisch bis zur Verkündung des Zinsbeschlusses im Unklaren, ob die geldpolitische Straffung nun ansteht. Zuvor hatten sich mehrere Notenbanker mit unterschiedlichen Meinungen zu Wort gemeldet. Auffälligerweise hielt sich Yellen im Sommer über Wochen aus der öffentlichen Debatte heraus, was mit zur Verwirrung über den zu erwartenden Zeitpunkt der Zinswende beitrug. Auch nach der Rede Yellens in Amherst herrscht keine Klarheit.
Zinsschritt wird im Dezember erwartet
Nach Ansicht des US-Ökonomen Jim O'Sullivan von High Frequency Economics ist es eher unwahrscheinlich, dass die Fed bereits bis zur nächsten Zinssitzung im Oktober genügend neue Konjunkturdaten gesammelt hat, um einen Zinsschritt zu wagen. "Wir erwarten, dass der Schritt im Dezember kommen wird."
Die Fed hält den Leitzins seit dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise Ende 2008 auf dem historisch niedrigen Niveau von null bis 0,25 Prozent. Sie hat mit dem billigen Zentralbankgeld und zahlreichen Konjunkturhilfen mit dafür gesorgt, dass die Aktienmärkte über Jahre von Rekord zu Rekord eilen konnten. Eine geldpolitische Straffung dürfte zumindest kurzfristig Kursverluste auslösen. Zugleich könnten Anleger verstärkt ihr Kapital in den USA anlegen und aus Schwellenländern wie China, Brasilien oder der Türkei abziehen. Angesichts der Konjunkturabkühlung in China waren Befürchtungen aufgekommen, die Fed könnte mit einer raschen Zinserhöhung die Probleme der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt verschärfen.
(APA)