EU verbannt Stromfresser im Namen der Umwelt

Wäscht weiß - aber auch stromsparend?
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Ökodesign-Richtlinie. Bestimmte ökologische Anforderungen an energierelevante Produkte sollen den CO2-Ausstoß verringern.

Wien. Es ist das wohl meistzitierte Beispiel, wenn der „Regulierungswahn“ der EU-Kommission wieder einmal am Pranger steht: das stufenweise Verbot der Glühbirne, die durch die weniger beliebte Energiesparlampe ersetzt wurde. Es geht zurück auf eine Richtlinie, mit deren Hilfe die Energieeffizienz der EU-Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2030 um 27 Prozent gesteigert werden soll: Die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG. Um dieses Ziel zu erreichen und „besseren Elektrogeräten auf dem Markt den Durchbruch zu verschaffen“, will die Brüsseler Behörde stromfressende Haushaltsgeräte nach und nach aus dem Verkehr ziehen.
Bei manchen Produktgruppen ist das längst passiert. So gibt es etwa für Waschmaschinen schon seit dem Jahr 1995 bestimmte „Labelling-Vorschriften“ und Mindeststandards. Ein Gerät der Energieeffizienzklasse A oder maximal A+++ ist für einen Haushalt auf Dauer weit billiger, weshalb über 85 Prozent der Käufer auf die Etikettierung achten. Auch die Hersteller haben auf umweltfreundlichere Produkte umgestellt: Laut Angaben der Kommission fallen heute schon über 90 Prozent aller Waschmaschinen in diese beste Klasse, während es noch vor 20 Jahren lediglich zwei Prozent waren.

Stromersparnis von vier Kraftwerken

Anders ist das bei den Staubsaugern. Hier sind neue Regeln erst seit September 2014 gültig. Seither dürfen die Geräte nur noch eine maximale Stromleistung von 1600 Watt aufweisen, ab dem Jahr 2017 wird die Leistung sogar auf 900 Watt beschränkt. Die Kommission verspricht zwar, dass dies keine Auswirkungen auf die Leistung des Saugers haben soll – dafür dürften technische Finessen wie eine verbesserte Düsenfunktion aber einen höheren Preis nach sich ziehen. Die Stromersparnis soll EU-weit durch die neuen Regeln mit 19 Terrawattstunden jährlich enorm sein, entspricht dies doch der Produktion von vier Atomkraftwerken.
Auch für Kaffeemaschinen traten bereits neue Regeln in Kraft: Die Geräte müssen – je nach Art – nach einer gewissen Zeit in einen Bereitschaftszustand wechseln oder sich ausschalten. Für herkömmliche Filterkaffeemaschinen mit Glaskannen gilt eine Warmhaltefunktion von maximal 40 Minuten, jene mit Thermoskannen schalten sich schon nach fünf Minuten aus. Die Kritik an der Maßnahme war besonders in Deutschland groß. Der Tenor ähnlich wie bei der Glühbirne: Die EU solle sich besser um wirklich wichtige Themen kümmern, anstatt das Leben ihrer Bevölkerung mit immer neuen Regulierungen zu verkomplizieren.
Doch die Vorwürfe konnten das Argument der notwendigen Umweltschonung bisher nicht übertönen. Auch für diverse Netzwerkgeräte, Drucker und Fernseher gelten seit Kurzem neue Energieeffizienz-Regeln; Gasherde und Dunstabzugshauben müssen Energielabels tragen (zunächst galt dies nur für Elektroherde) – und zahlreiche weitere Geräte stehen auf der Liste der Kommission. Seit der Ausweitung der Ökodesign-Richtlinie von „energieverbrauchenden“ auf „energierelevante“ Geräte im Jahr 2009 umfasst der Geltungsbereich nun auch Produkte wie Fenster und wasserverbrauchende Apparaturen. Insgesamt sollen „alle Ökodesign- und Etikettierungsmaßnahmen zusammen ab 2020 zu einer Energieeeinsparung von 166 Millionen Tonnen Öleinheiten Primärenergie pro Jahr führen“, heißt es in der Kommission. Das entspricht dem Verbrauch von 60 Millionen Haushalten.
Die Ideen, welche weiteren Geräte der Regulierung durch Brüssel anheimfallen könnten, nehmen kein Ende: Von Haartrocknern, Wasserkochern, Akkuschraubern, Rasenmähern und Smartphones ist die Rede. Auch Wasserhähne und Duschköpfe werden auf Energiesparpotenziale untersucht. Dabei kann die Kommission die Entscheidung – wie im Gesetzgebungsprozess der EU üblich – nicht im Alleingang fällen, sondern lediglich einen Vorschlag unterbreiten, der von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament abgesegnet werden muss.

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