OÖ: Schwarz-Blau in Linz nicht vor 11. Oktober

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LANDTAGSWAHL OBER�STERREICH / TV-DISKUSSION: P�HRINGER / HAIMBUCHNER(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Pühringer in der Doppelmühle: Die ÖVP will blaue Wähler nicht verprellen, sorgt sich aber um FPÖ-Regierungsfähigkeit und Kür eines ÖVP-Nachfolgers.

Linz. Nur Pühringer hat der ÖVP den Landeshauptmann gerettet.“ Hochrangige ÖVP-Politiker aus Oberösterreich bis hin zum ÖVP-Bundesparteiobmann aus dem Mühlviertel, Reinhold Mitterlehner, waren sich noch am Wahlabend einig, dass der seit 1995 amtierende 65-jährige Landeshauptmann die ÖVP vor einem noch schlimmeren Absturz bewahrt hat. In Linz galt daher am Montag als sicher, dass Pühringer nach der Schlappe mit einem Minus von zehn Prozentpunkten nicht den Hut nehmen, sondern seine Partei vorerst jedenfalls in die Koalitionsverhandlungen führen wird. Die ersten Sondierungsgespräche sollen bereits heute, Dienstag, und am morgigen Mittwoch stattfinden – auf Ebene der Parteiobleute. Das hat die Landes-ÖVP in der Vorstandssitzung am Montagnachmittag beschlossen.
Einen Abschluss der Koalitionsverhandlungen wird es aber erst nach dem 11. Oktober geben. Begründung: Man wolle das Ergebnis der Bürgermeisterstichwahlen in zwei Wochen abwarten. Immerhin werden unter anderem in Linz, Wels und auch in Pühringers Heimatstadt Traun die Wähler erst in Stichwahlen über das Stadtoberhaupt entscheiden. Der Nebeneffekt: Damit wird dem Wiener Bürgermeister, Michael Häupl (SPÖ), mit einer etwaigen schwarz-blauen Koalition in Oberösterreich keine zusätzliche Munition für den Wahlkampf geliefert.

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Fix ist seit dem Sonntag, dass es für die schwarz-grüne Koalition im Landtag keine Mehrheit mehr gibt. In der Landesregierung sind wegen des Proporzsystems allerdings automatisch nach wie vor alle vier Landtagsparteien: ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne. Als wahrscheinlichste Variante gilt die Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ in Oberösterreich. Beide Parteien zusammen würden mit insgesamt 39 von 56 Mandaten über eine Zweidrittelmehrheit im Landtag verfügen. Pühringer, der selbst gegenüber einer Koalition mit der FPÖ reserviert ist, steht nach dem fulminanten Wahlerfolg, bei dem sich die Freiheitlichen auf 30,4 Prozent verdoppelt haben, stärker unter Zugzwang, eine schwarz-blaue Koalition zu bilden.
Und das nicht nur, weil Teile der Industrie und Wirtschaft die Freiheitlichen mit der ÖVP im gemeinsamen Koalitionsboot sehen wollen. Pühringer und die ÖVP-Landesspitze können auch kaum mehr argumentieren, dass eine Partei, die von fast einem Drittel der Oberösterreicher gewählt wurde, vom stärkeren Zugriff auf die Schalthebel der Macht ausgesperrt bleiben soll. Noch dazu, wo die FPÖ in der neuen Landesregierung drei der neun Sitze einnimmt.

ÖVP-Klubobmann Stelzer als Erbe?

Was Pühringer zögern lässt? Für die Landes-ÖVP ist das regelrechte Zerbröseln der FPÖ in der schwarz-blauen Ära von Kanzler Wolfgang Schüssel nach wie vor eine Warnung. Noch abschreckender ist allerdings das finanzielle Desaster in Kärnten, wo die FPÖ (und später das BZÖ) das Regierungsruder unter Jörg Haider und seinen Nachfolgern jahrelang in der Hand gehabt haben.
Um der ÖVP den Erhalt des Landeshauptmannes bis zur nächsten Landtagswahl 2021 zu sichern und einen vorzeitigen Absprung des Koalitionspartners zu vermeiden, wird die Wahl eines Nachfolgers für Pühringer im Laufe der neuen, sechsjährigen Legislaturperiode jedenfalls Bestandteil eines neuen Koalitionsabkommens – egal mit welcher Partei – sein. Sonst könnten vorzeitige Neuwahlen die Folge sein. Als Favorit für das Erbe von Pühringer gilt nach wie vor Klubobmann Thomas Stelzer, der auch zum ersten Stellvertreter in der Landespartei gekürt wurde.

Kraftprobe mit den schwarzen Bünden

Leicht wird es für Pühringer intern nach der Wahlschlappe dennoch nicht. Er muss im Bünde-Machtspiel klären, wer den verlorenen ÖVP-Regierungssitz räumen muss. Streng nach der Landesverfassung muss die ÖVP nur einen ihrer bisher fünf Landesräte abgeben, die SPÖ würde dann einen ihrer bisher zwei Posten in der Landesregierung einbüßen. Allerdings: Nach den bisherigen Gepflogenheiten im Land wären es sogar zwei ÖVP-Regierungssitze. Denn der Landeshauptmann „kann“ mit einem Beschluss des Landtages bei der Aufteilung der Regierungssitze eingerechnet werden. Das war in der Vergangenheit der Fall. Dann könnte die SPÖ ihre zwei Sitze behalten. Darauf wird die SPÖ bei Koalitionsverhandlungen wohl bestehen. Ein Grund mehr, warum Schwarz-Rot wenig wahrscheinlich ist.

Der ständige Hinweis der ÖVP-Landesführung, es habe sich bei der Wahl um eine reine Abstimmung über die Flüchtlingsfrage gehandelt, rückt andere, für die Volkspartei unangenehmere Gründe in den Hintergrund. Vor allem das hörbare Murren des Wirtschaftsflügels, das der frühere Vizelandeshauptmann und jetzige Wirtschaftskammerpräsident, Christoph Leitl, schon am Wahlsonntag geäußert hat. Die ÖVP-Wahlslogans von der Deregulierung allein reichten nicht, den Unmut zu besänftigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2015)

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