US-Ausbildung: Obamas Rebellendebakel

US-Präsident Barack Obama.
US-Präsident Barack Obama.(c) REUTERS (CARLO ALLEGRI)
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Eine halbe Milliarde Dollar für Training und Material verpuffte, „moderate“ syrische Rebellen ergaben sich al-Qaida-Kämpfern.

Washington. Im August rückten 54 syrische Kämpfer nach monatelanger Ausbildung durch US-Offiziere nach Syrien ein, um gegen die Terrormilizen des Islamischen Staates zu kämpfen, vor zwei Wochen folgten weitere 71. Doch wie viele von ihnen heute noch auftragsgemäß im Einsatz sind, weiß nicht einmal das Pentagon genau. Fahrzeuge, Waffen und sonstige Ausrüstung, von den USA bezahlt und bereitgestellt, sind binnen Kürze ebenso wie Dutzende Kämpfer in die Hände der al-Nusra-Front gelangt, der syrischen Abteilung der Terrororganisation al-Qaida. Der Kommandant der zweiten, 71-köpfigen Gruppe von US-unterstützten Rebellen, Major Anas Obaid, teilte vergangene Woche via Facebook mit, er und seine Männer kämpften ab sofort unabhängig von jeglichen Anweisungen Washingtons. Gerüchte, er und ein Gutteil seiner Männer haben sich der al-Nusra-Front angeschlossen, kommen seither nicht zum Verstummen.

Das 500 Millionen Dollar (445 Millionen Euro) teure Programm des US-Verteidigungsministeriums zum Aufbau einer „moderaten“ syrischen Widerstandsarmee, die gegen den Islamischen Staat (IS) kämpft, ist zur Gänze gescheitert, seine Fortsetzung liegt derzeit auf Eis.

Dieses Debakel hat zwei vorrangige Ursachen. Erstens weigerte sich Präsident Barack Obama jahrelang, die Opposition des Regimes von Diktator Bashar al-Assad auch mit Waffen zu unterstützen. Schon im Jahr 2011, als klar war, dass Assad die Herrschaft über sein Volk zu entgleiten droht und seine Truppen die Angriffe auf die Zivilbevölkerung verstärken, appellierten die damalige Außenministerin, Hillary Clinton, sowie Verteidigungsminister Leon Panetta und CIA-Direktor David Petraeus für die Aufrüstung der Regimegegner. Doch erst im Dezember 2014 gab Obama grünes Licht: Da waren viele fähige Führungsgestalten der Opposition bereits tot oder geflüchtet, und der IS hatte sich als stärkste Kraft gegen Assad etabliert.

Das führt zu Obamas zweitem Fehler: Ins Ausbildungsprogramm der New Syrian Forces darf nur, wer schwört, nicht gegen Assad, sondern nur gegen den IS zu kämpfen. Assads Terrorregime war jedoch der Anlass für die Revolution vor mehr als vier Jahren, und seine Truppen töten weiterhin mehr Zivilisten, als es der IS tut. (go)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2015)

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