Palästinenserpräsident Abbas kündigt Oslo-Abkommen auf

Palästinenserpräsident Abbas kündigt Oslo-Friedensprozess auf
Palästinenserpräsident Abbas kündigt Oslo-Friedensprozess aufREUTERS
  • Drucken

Der Palästinenserpräsident gibt Israel die Schuld am Scheitern des Friedensprozesses. Ob die Selbstverwaltung damit Geschichte ist, war zunächst unklar.

New York. Am Mittwoch um die Mittagszeit feierte Mahmud Abbas einen kleinen Sieg in seinem Kampf um die internationale Anerkennung Palästinas. In einer feierlichen Zeremonie wurde die palästinensische Flagge neben jenen der 193 UN-Mitgliedstaaten vor dem Hauptgebäude der Vereinten Nationen in New York hochgezogen. Trotz Regenwetters kamen so viele Diplomaten und Funktionäre, dass die Menge um den Pfeiler erst zurückgedrängt werden musste, bevor die Flagge gehisst werden konnte. Zwar ist die Palästinenserbehörde kein Vollmitglied der UNO. Aber die Einstufung als „Beobachterstaat“ vor drei Jahren galt als staatliche Quasi-Anerkennung. Deshalb darf bei den Vereinten Nationen jetzt die Flagge wehen.

Unmittelbar vor der Zeremonie hatte der Palästinenserpräsident, wie vorab von seiner Umgebung angekündigt, eine Bombe platzen lassen, die freilich gar nicht nach einem Sieg klang. In seiner Rede vor der UN-Generalversammlung erklärte Abbas, die Palästinenser wollten sich nicht mehr an den 1993 in Oslo vereinbarten Friedensprozess halten. Solange Israel die Einigung ständig verletzte, würden die Palästinenser nicht die einzigen sein, die das Abkommen noch einhielten, erklärte er vor Delegierten in dem nur spärlich besetzen Saal. „Unsere Geduld ist am Ende“, sagte er abschließend, abweichend vom Redemanuskript.

Die Palästinenser fühlten sich nicht weiter an das Abkommen gebunden, solange „Israel nicht die mit uns getroffenen Vereinbarungen umsetzt und sich weigert, den Bau von Siedlungen in den besetzen Gebieten zu stoppen und palästinensische Gefangene freizulassen“, erklärte Abbas. Der Oslo-Friedensprozess, der einen palästinensischen Staat und einen Frieden zwischen diesem und Israel zum Ziel hatte, gilt zwar schon lange als gescheitert. Trotzdem hat es immer die Hoffnung gegeben, diesen Prozess wieder aufnehmen zu können. Eine offizielle Abkehr von diesem Weg hat es bisher von keiner Seite gegeben. Die palästinensische Selbstverwaltung, der Abbas vorsteht, war erst durch das Abkommen gebildet worden.

Netanjahu forderte Gespräche

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der am Donnerstag Vormittag (Ortszeit) vor der Generalversammlung sprechen wird, reagierte umgehend und ließ über einen Sprecher erklären, das Abbas-Statement „ermutigt Aufwiegelungen und Unheil“ im Nahen Osten. Abbas solle „auf den Aufruf von Israels Premierminister reagieren, in direkte Verhandlungen mit Israel ohne Vorbedingungen einzugehen“.
Die unmittelbaren Konsequenzen von Abbas' Ankündigung sind noch unklar. Theoretisch könnten sie gravierend sein; fraglich ist, ob die Palästinenser ihre harte Linie durchziehen werden. Denn das Osloer Abkommen sah als ersten Schritt zu einer Zwei-Staaten-Lösung den Aufbau jener Autonomieverwaltung im Gazastreifen und im Westjordanland vor, deren Präsident Abbas ist. Wenn Abbas wirklich alle Teile des Abkommens tilgen möchte, dann würde das ein Ende der palästinensischen Selbstverwaltung bedeuten. Tatsächlich sagte Abbas, dass Israel „wieder seine Verantwortung als Besatzungsmacht übernehmen“ müsse.

Außerdem verlangte er die vollständige staatliche Anerkennung Palästinas. Abbas appellierte an alle Staaten, die dies bisher nicht getan haben, Palästina anzuerkennen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.