Afghanistan: Taliban offenbar großteils aus Kunduz vertrieben

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Afghanische Sicherheitskräfte haben mit Hilfe US-amerikanischer Luftangriffe große Teile der Stadt zurückerobert. Die Taliban bestreiten eine Niederlage.

Spezialkräfte haben am Donnerstag das Zentrum der strategischen Stadt Kunduz von den radikalislamischen Taliban zurückerobert - drei Tage nachdem die militanten Kämpfer die Provinzhauptstadt eingenommen hatten. Kunduz war die erste große Stadt, die die Taliban erobern konnten, seit ihre Herrschaft 2001 durch eine US-geführte Militärintervention gestürzt worden war. Nach heftigen Kämpfen mit den islamistischen Rebellen sei die weiße Taliban-Flagge auf dem zentralen Platz der Stadt entfernt und durch eine Staatsflagge ersetzt worden, berichteten Augenzeugen am Donnerstag.

Das Verteidigungsministerium in Kabul erklärte, die Taliban seien aus Kundus vertrieben worden. Der Angriff habe am Mittwoch um 23.00 Uhr (Ortszeit) begonnen und sei am Donnerstag um 4.00 Uhr beendet worden. Die Gegenoffensive war am Mittwoch von den USA unter anderem mit Luftangriffen unterstützt worden. Bei dem nächtlichen Einsatz wurden dem Ministerium zufolge 150 Rebellen getötet und 90 verletzt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums kamen seit Mittwoch 30 weitere Menschen bei den Kämpfen um - die meisten von ihnen Zivilisten.

Dennoch dauern die Kämpfe  in anderen Teilen der Stadt an. In den Randbezirken stieg Donnerstag Nachmittag Rauch über Gebäuden auf. "Militärhubschrauber kreisen über der Stadt und überall sind Regierungstruppen", erzählt ein Arzt. "Tote Taliban liegen auf den Straßen, aber es befinden sich noch immer Milizen in Regierungsgebäuden, die afghanische Truppen bekämpfen." Die Offensive der afghanischen Spezialkräfte wurde von den USA mit Luftangriffen unterstützt.

Taliban: Rückzug taktisch begründet

Die Extremisten wiesen die Angaben der Regierung zurück, nach denen sie die Kontrolle über die strategisch wichtige Stadt im Norden des Landes verloren haben. Die Kämpfer hätten sich nur an den Stadtrand zurückgezogen, um nicht umzingelt zu werden. Ein Sprecher der Rebellen erklärte, der Rückzug aus dem Stadtzentrum sei taktisch begründet. So könnten die afghanischen Truppen eingekesselt werden. Die Taliban kontrollierten immer noch größtenteils die restlichen Bezirke von Kundus.

Der Einmarsch der Aufständischen in Kundus war ein herber Rückschlag für Präsident Aschraf Ghani. Am Donnerstag demonstrierten Hunderte in der Hauptstadt Kabul gegen die Taliban und gegen mutmaßliche Sympathisanten der Extremisten in der afghanischen Regierung.

Der Fall von Kunduz und die mühsame Rückeroberung stellen auch infrage, ob die von Nato-Soldaten ausgebildeten afghanischen Soldaten und Polizisten tatsächlich immer besser für die Sicherheit im Lande sorgen können. Die radikalislamischen Taliban kämpfen gegen die Regierung in Kabul, seit sie vor fast 14 Jahren durch einen US-geführten Militäreinsatz entmachtet wurden.

(APA/Reuters)

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