Othmar Karas (ÖVP), Johannes Voggenhuber (Grüne) und Herbert Bösch (SPÖ) üben scharfe Kritik am EU-Wahlkampf und an der Europapolitik ihrer Parteien.
WIEN (wb). Auf den Listen der EU-Wahl wurden sie nach hinten gereiht oder gar ausgeschlossen. Dennoch greifen sie nun gemeinsam in den Wahlkampf ein: Othmar Karas (ÖVP), Johannes Voggenhuber (Grüne) und Herbert Bösch (SPÖ) warnten am Freitag gemeinsam vor einem gefährlichen Rechtsruck – ausgelöst durch den laufenden EU-Wahlkampf. Die Verantwortung ihrer eigenen Parteien nahmen sie dabei nicht aus.
„Dieser Wahlkampf orientiert sich an Extremen, er operiert mit Nationalismen“, so der bisherige Spitzenmann der ÖVP in Brüssel, Karas. „Wir brauchen wieder eine positive Europapolitik.“ Bösch warnte: „Wenn auch die Linke nach rechts geht, so rückt auch die politische Mitte nach rechts. Und er sparte nicht mit Kritik an seiner eigenen Parteiführung: „Die SPÖ ist mit dem Brief an die ,Kronen Zeitung‘ nach rechts gegangen.“ Voggenhuber: „Es ist ein Verbrechen, gerade in diesen Zeiten der Krise den Nationalismus zu stärken. Wer heute den Nationalismus lehrt, wird den Nationalismus der großen Länder lernen.“ Denn eine solche Politik könne nur die Macht der großen EU-Länder stärken. Voggenhuber kritisiert seine Partei, da diese die Chance auf mehr EU-Mandate selbst verspielt habe.
Karas kündigte an, dass er gemeinsam mit seinen bisherigen Mitstreitern in Brüssel – Voggenhuber und Bösch – eine neue Plattform gründen möchte, die sich um eine intensive Information der Bevölkerung bemühen soll.
Voggenhuber wirbt um Vorzugsstimmen
Überraschend deutlich warb Johannes Voggenhuber, der eine Wahlempfehlung für seine Grünen auch diesmal nicht abgeben wollte, für einen Vorzugsstimmenwahlkampf in der SPÖ und ÖVP. „Wer das Schielen auf das rechte Lager eines Ernst Strasser nicht unterstützen möchte, kann seine Vorzugsstimme Othmar Karas geben, wer gegen die Europapolitik eines Werner Faymann ist, kann Herbert Bösch eine Vorzugsstimme geben.“ Karas wurde von seiner Partei an die zweite Stelle gereiht und droht damit die Führung der ÖVP-Delegation im Europaparlament zu verlieren. Herbert Bösch wurde nur auf den siebenten Listenplatz gereiht und wird ohne Vorzugsstimmen dem nächsten EU-Parlament voraussichtlich nicht angehören.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2009)