Politologen: "Koalition kann sich keine Neuwahlen leisten"

Mitterlehner, Faymann, Strache
Mitterlehner, Faymann, StracheAPA/GEORG HOCHMUTH
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ÖVP und SPÖ versuchen zu beruhigen: Die Regierung stehe nicht auf der Kippe. Laut Experten würde die FPÖ Neuwahlen gewinnen.

Vizekanzler und ÖVP-Bundesobmann Reinhold Mitterlehner drohte mit dem Ende der Koalition auf Bundesebene, sollte „in den nächsten Monaten" kein Regierungsprogramm zur Profilschärfung zustande kommen. Denn, dann „macht es keinen Sinn, weiterzuwurschteln“, sagte er am Mittwoch den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Am Donnerstag rückte nun sein Klubobmann Reinhold Lopatka aus, um zu beschwichtigen.

Lopatka räumte im Ö1-„Mittagsjournal“ zwar ein, dass zwischen SPÖ und ÖVP nicht alles eitle Wonne sei, doch funktioniere die Zusammenarbeit. „Es ist eine Basis vorhanden auf die man aufbauen kann, um notwendige Reformen im Land umzusetzen“, betonte er. Außerdem gehe er davon aus, dass ohnehin bald andere Themen im Mittelpunkt stehen würden, etwa das Budget, das im Herbst im Parlament beschlossen wird.

Auch Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) erklärte am Donnerstag, er sehe kein Ende der großen Koalition: „Also ehrlich gesagt, ich habe es nicht so empfunden, dass der Vizekanzler mit dem Ende der Koalition droht“, so Ostermayer gegenüber Ö1. „Ich habe gestern zweimal mit ihm telefoniert und es war beide Male sehr harmonisch.“ Allerdings gehöre es nunmal zu einer Demokratie, dass es zwischen Regierungspartnern zu „intensiven Diskussionen“ komme.

Hofer: "Signal, dass Mitterlehner gefrustet ist"

Politikberater Thomas Hofer vermutete indes hinter Mitterlehners Worten ein „Signal nach innen“. Während seine Worte nach außen „eine leere Drohung“ darstellen würden. „Es ist sicherlich der Versuch des Herrn Vizekanzlers die frustrierte Parteibasis und Funktionärsbasis wieder zu motivieren, ihnen das Signal zu geben, dass er ja auch gefrustet ist und er auch weiß, dass es so in der Regierung nicht weitergeht“, sagte Hofer im „Mittagsjournal“. Allerdings: „Auch Mitterlehner selbst weiß, dass sich die ÖVP keine Neuwahlen leisten kann.“

Gleiches gelte für den Koalitionspartner: „Würde jetzt gewählt, würden wirklich SPÖ und ÖVP hintreten vor das Wahlvolk und sagen: Wir sind schon wieder gescheitert. Dann ist klar, was das Ergebnis ist – die FPÖ deutlich Nummer eins.“ Christoph Hofinger vom SORA-Institut ergänzte, dass bei einer Neuwahl jetzt wohl auch auf Bundesebene ein Duell zwischen SPÖ und FPÖ ausgerufen werden würde - „und für die ÖVP ist dann auch nicht auszuschließen, dass sie da in eine Art Zuschauerrolle kommt“.

Niessl: "Es geschieht nichts"

Gereizt kommentierte Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) die Aussagen des Vizekanzlers. Er habe sich von Mitterlehner erwartet, „dass es endlich konjunkturbelebende Maßnahmen in Österreich gibt, dass die Arbeitslosigkeit reduziert wird, dass es Konjunkturimpulse gibt. Nur: Es geschieht nichts“, kritisierte Niessl am Donnerstag. Außerdem: „Sich nur an andere zu wenden, aber selbst nicht die richtigen Maßnahmen zu setzen, sich zurückzulehnen, die anderen zu kritisieren – das ist ein bisschen schwach.“

>> Bericht im Ö1-„Mittagsjournal“

>> Hofer und Hofinger im ORF-Radio

(Red.)

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