Gabriel: Deutschland nähert sich Grenzen seiner Möglichkeiten

Deutschlands Vizekanzler Sigmar Gabriel.
Deutschlands Vizekanzler Sigmar Gabriel.APA/EPA/KAY NIETFELD
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Der deutsche Vizekanzler sieht die Belastbarkeit der Städte und Gemeinden bald erreicht. So wie der Innenminister kritisiert er das Verhalten von Flüchtlingen.

Überfüllte Notunterkünfte, Schlägereien in Flüchtlingsheimen, sinkende Umfragewerke und schwindender politischer Rückhalt für Angela Merkel - das "Wir schaffen das" der deutschen Kanzlerin vermag weder in der Bevölkerung noch an Deutschlands politischer Spitze die selbe Euphorie zu bewirken wie noch vor wenigen Wochen. Mit mindestens 800.000 Flüchtlingen rechnet Berlin in diesem Jahr. Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel sieht sein Land in der Flüchtlingskrise jedoch schon jetzt am Rande der Kapazitäten. "Wir nähern uns in Deutschland mit rasanter Geschwindigkeit den Grenzen unserer Möglichkeiten", sagte Gabriel zu "Spiegel Online". "Wir schaffen in diesem Jahr die Aufnahme der enormen Zahl der Flüchtlinge nur mit großer Mühe."

Viele Orte in Deutschland seien bereits überfordert. "Natürlich kennt das Asylrecht keine Obergrenze, aber bei der Belastbarkeit der Städte und Gemeinden gibt es faktische Grenzen", ergänzte der Vorsitzende der deutschen Sozialdemokraten. Er plädierte zugleich für eine offene Debatte über die Probleme und Ängste in der Bevölkerung. "Es darf kein Klima geben, in dem jeder, der sich Sorgen macht, gleich als ausländerfeindlich oder rechtsradikal gilt", mahnte Gabriel.

Von den Flüchtlingen forderte er die Verinnerlichung bestimmter Prinzipien, wenn sie in Deutschland leben wollten. "Wir müssen klar machen, dass es bei uns Dinge gibt, die nicht zur Disposition stehen: das Grundgesetz, die Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, die Gleichberechtigung."

de Maiziere fordert "Ankommenskultur"

Ähnlich hatte sich zuvor bereits der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere gegenüber dem Sender "ZDF" geäußert: "Bis zum Sommer waren die Flüchtlinge dankbar, bei uns zu sein." Jetzt gebe es viele von ihnen, die glaubten, "sie können sich selbst irgendwohin zuweisen", sagte er am Donnerstagabend. "Sie gehen aus Einrichtungen raus, sie bestellen sich ein Taxi. Sie haben erstaunlicherweise das Geld, um Hunderte Kilometer durch Deutschland zu fahren. Sie streiken, weil ihnen die Unterkunft nicht gefällt, sie machen Ärger, weil ihnen das Essen nicht gefällt. Sie prügeln in Asylbewerbereinrichtungen."

Noch handle es sich um eine Minderheit, fügte de Maiziere hinzu. Doch müsse gelten: Wer nach Deutschland komme, müsse sich dahin verteilen lassen, wo er hingebracht werde, und die Rechtsordnung anerkennen, sagte der konservative Politiker.

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(APA)

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