Portugal: Coelho will nach Wahlsieg erneut Regierung bilden

(c) Bloomberg (Paulo Duarte)
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Das Regierungsbündnis ist aber nur ohne Absolute Mehrheit vorne.

Im früheren Euro-Krisenland Portugal sind die konservative Regierung und deren strenge Sparpolitik nach den Parlamentswahlen ins Wanken geraten. Das Bündnis "Portugal à Frente" (PàF/Portugal voran) von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho ging zwar aus der Abstimmung am Sonntag erneut als stärkste Kraft hervor - es verlor aber die absolute Mehrheit im Parlament.

Die drei linken Oppositionsparteien, die der Sanierungspolitik ein jähes Ende setzen wollen, errangen zusammen mehr als die Hälfte aller Sitze in der Lissabonner "Assembleia da República".

Passos bezeichnete seine Allianz dennoch als "Siegerin" und kündigte in Lissabon unter dem Jubel von Parteifreunden und Anhängern den Versuch einer Regierungsbildung an: "Wir werden dem Präsidenten der Republik sagen, dass wir zum Regieren bereit stehen." Es wäre komisch, fügte er an, wenn der Wahlsieger "nicht regieren dürfte". Das Sparprogramm will er 2016 zwar fortsetzen, Passos gab aber auch bekannt, dass er die Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst graduell zurücknehmen wolle.

Schwierige Regierungsbildung

Der Spitzenkandidat der Sozialisten (PS) interpretierte das Ergebnis der Wahl anders als Passos. Der Wähler habe sich für einen Regierungswechsel ausgesprochen, sagte António Costa. Sowohl die PS als auch die beiden anderen Linksparteien, die den Einzug ins Parlament schafften, ließen wissen, dass man eine konservative Regierung nicht mittragen und auch den von Passos als "oberste Priorität" bezeichneten Haushalt für 2016 nicht absegnen werde.

Nach übereinstimmender Einschätzung von Medienbeobachtern steht Portugal vor einer schwierigen Regierungsbildung. Es sei davon auszugehen, dass Staatsoberhaupt Anibal Cavaco Silva zunächst die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragen werde.

Nachdem man 2011 gut 50 Prozent der Stimmen erhalten hatte, mussten sich die Konservativen diesmal mit rund 38,6 Prozent begnügen. Nach Auszählung von über 99 Prozent der Stimmen kamen die Sozialisten nur auf 32,4 Prozent. Die CDU, ein Bündnis aus Kommunisten und Grünen, lag bei 10,2 Prozent, der marxistische Linksblock (BE) bei 8,3 Prozent.

Nach der Vergabe von 221 der insgesamt 230 Parlamentssitze bekam PàF in der Nacht auf Montag nur 102 (2011: 132). Die drei linken Parteien brachten es unterdessen zusammen auf 118. Zur Möglichkeit einer linken Regierungskoalition sagten die Oppositionsparteien vorerst allerdings nichts Konkretes.

Umstrittener Sparkurs von Passos

Die restlichen neun Parlamentssitze werden erst in den nächsten Tagen nach Auszählung der Stimmen der im Ausland lebenden Portugiesen vergeben, wie die Wahlbehörde CNE mitteilte.

Die Wahl galt auch als Abstimmung über den harten und umstrittenen Sparkurs von Passos. Der 51-jährige gelernte Ökonom hatte zwar verhindert, dass Portugal zu einem "zweiten Griechenland" wurde, war aber im Land wegen der starken Kürzungen und Steuererhöhungen und einer "zunehmenden Verarmung der Bevölkerung" (Costa) scharf kritisiert worden. Im Wahlkampf hatte Passos vor "Chaos" im Falle einer linken Regierung gewarnt.

Portugal war 2011 von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) mit 78 Milliarden Euro vor dem Bankrott bewahrt worden. Nach drei Jahren unter dem EU-Rettungsschirm steht das Land seit Mai 2014 finanziell wieder auf eigenen Beinen. 2014 wurde nach drei Rezessionsjahren in Serie ein Wachstum von 0,9 Prozent erreicht.

(APA/dpa)

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