Faymann und Pröll gegen Graf

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Ministerratssitzung: Der Kanzler will den FPÖ-Mann per Gesetz seines Amtes entheben (lassen) – der Vizekanzler hofft auf einen freiwilligen Rücktritt.

WIEN (pri). Es ist Martin Grafs Büroleiter (Walter Asperl), der auf Martin Grafs Homepage (www.unzensuriert.at) Solidarität mit Martin Graf einfordert: Auf der Startseite wird der Besucher mehr oder minder gebeten, mit seiner Unterschrift folgendem Wunsch Ausdruck zu verleihen: „Dass Martin Graf weiterhin Dritter Präsident des Nationalrats bleibt.“ Gleichzeitig verurteilt der Unterzeichner auch „die Kampagne gegen die FPÖ sowie gegen ihre Funktionäre, Mitglieder und Wähler“.

Die Regierungsspitze wird sich dieser Aktion jedenfalls nicht anschließen, denn sie ist alles, nur nicht solidarisch mit Graf. „Wir halten es nicht für richtig, dass er Dritter Nationalratspräsident ist“, stellte Kanzler Werner Faymann am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat klar – und Vizekanzler Josef Pröll nickte artig neben ihm. Graf nämlich hatte im FPÖ-Blatt „Neue Freie Zeitung“ und später auch auf besagter Homepage geschrieben, dass sich viele Bürger schon fragen würden, ob der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, „nicht der Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ in Österreich sei. Was den Vizekanzler nun zu folgendem Schluss führte: Diese Aussagen seien „durch nichts zu entschuldigen“.

„Ich wüsste, was zu tun ist“

Die Geister scheiden sich jedoch an der Art und Weise, wie Graf nunmehr zum Expräsidenten gemacht werden soll. Faymann tritt, der SPÖ-Linie folgend, offen für ein Gesetz ein, das die Abwahl des Präsidenten künftig per Zweidrittelmehrheit möglich macht.

Pröll hingegen will genau das nicht, er erinnerte daran, warum das Amt des Präsidenten „außer Streit gestellt wurde“; an die folgenschweren Ereignisse des Jahres 1933 (Selbstauflösung des Parlaments), die sich sich nicht wiederholen dürften. Stattdessen appellierte der Vizekanzler an Grafs Eigenverantwortung: „Ich wüsste an seiner Stelle, was zu tun ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2009)

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