Mitterlehners Auftrag an Blümel: Die Wiener ÖVP radikal umbauen

Gernot Blümel, bisher Generalsekretär der ÖVP, soll die Wiener Landespartei wieder aufrichten.
Gernot Blümel, bisher Generalsekretär der ÖVP, soll die Wiener Landespartei wieder aufrichten.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Gernot Blümel verlässt die Bundespartei und übernimmt eine der schwierigsten Aufgaben in der Politik.

Wien. Dass ein gebürtiger Niederösterreicher neuer Obmann der Wiener ÖVP wird, ist nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Als gebürtiger Niederösterreicher kann man es in Wien sogar bis zum Bürgermeister bringen: Michael Häupl wurde in Altlengbach geboren und maturierte in Krems. Wie Häupl kam auch Gernot Blümel, aufgewachsen im niederösterreichischen Moosbrunn, zum Studium (der Philosophie) nach Wien – und blieb. Manfred Juraczka, der am Sonntagabend als Landesparteichef zurückgetreten ist, hat Blümel in der Vergangenheit wiederholt als Wiener Parteifreund bezeichnet. Formal völlig zu Recht: Denn Blümel ist seit 2003 Mitglied der JVP Wien und seit 2009 im Vorstand der ÖVP im ersten Bezirk.

Seit Montag hat Blümel nun Juraczkas Job, einen der schwierigsten in der Politik. Die Idee dazu stammt von Parteichef Reinhold Mitterlehner, der Landesparteivorstand nickte sie (mit fast 96 Prozent) ab, und auch die Wiener Basis soll durchaus davon angetan sein. Denn Blümel repräsentiert mit seinen 34 Jahren eine neue Generation in der ÖVP. Und kommt dann doch irgendwie von außen.

Was die Wiener Funktionäre noch nicht wissen: Blümel hat einen Auftrag. Er soll die Partei radikal reformieren, alte Strukturen aufbrechen und zeitgemäße entwickeln, neue Leute aufbauen und sich von jenen trennen, die nicht mehr ins Konzept passen. Dass er „qualifiziert und hart genug“ für diese Aufgabe sei, bezweifelt kaum jemand in der ÖVP. Blümel sei ausgesprochen zielorientiert und überhaupt nicht harmoniebedürftig. Er ziehe die Dinge durch und habe kein Problem, sich nötigenfalls von Leuten zu trennen, heißt es.

Mitterlehner formulierte es vor der Sitzung des Wiener ÖVP-Vorstands ein wenig vorsichtiger: „Wir brauchen eine stimmige Neuaufstellung der Wiener Landespartei.“ Blümel habe die Programmreform in der ÖVP, den „Evolutionsprozess“, sehr gut aufgesetzt. Das sei ein Modell für Wien.

Andere Namen hatten zwischen Sonntagabend und Montagmorgen nur kurz die Runde gemacht. Außenminister Sebastian Kurz und Staatssekretär Harald Mahrer, beide Wiener, schieden allein schon deshalb aus, weil Mitterlehner jemanden wollte, der sich ausschließlich der schwer angeschlagenen Stadtpartei widmet. Deshalb bleibt Blümel auch nicht Generalsekretär (siehe eigenen Bericht). An Gabriele Tamandl, die schon einmal Übergangsparteichefin war, hatte Mitterlehners Umfeld nur einen Augenblick lang gedacht, an Veronika Mickel dagegen nie. Die Bezirksvorsteherin in der Josefstadt war nur in Funktionärskreisen kolportiert worden.

 

Progressiv-konservativ gegen die Neos

Mit Blümel will die ÖVP auch den Neos etwas entgegensetzen, an die sie am Sonntag 19.000 Stimmen verloren hat. Intern zählt man ihn zum modernen, eher liberalen Kurz-Mahrer-Flügel. Er selbst beschreibt sich als progressiv-konservativ, also als jemand, der mehr Reformer als Revoluzzer ist. Ansonst kennt man Blümel als kompetenten Mediensprecher, aber wortkargen Interviewpartner.

Als Generalsekretär war er eine Erfindung Michael Spindeleggers gewesen, der ihn im Dezember 2013 aus seinem Ministerkabinett in die Bundespartei geschickt hatte. Dort wurde er im August 2014 von Mitterlehner übernommen. Durch Blümel will der Parteichef nun zeigen, dass er durchgreifen kann, wenn er es für notwendig hält. Weshalb die Optimisten in der ÖVP bereits von einer Win-win-Situation sprechen: „Mitterlehner zeigt Autorität, in Wien gibt es frischen Wind.“

Andere wissen nicht, ob sie Blümel beglückwünschen oder bedauern sollen. Er könne wirklich nur das Beste über ihn sagen, meinte Gerhard Hauser, ÖVP-Bürgermeister in Blümels niederösterreichischer Heimat Moosbrunn, am Montag zur „Presse“. „Aber bei dieser Aufgabe kann man ihm eigentlich nur viel Kraft und viel Glück wünschen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2015)


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