Gift im Kürbis: Vorsicht, wenn er bitter schmeckt

Kuerbisse
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Kürbisse sind prinzipiell äußerst gesund. Extreme Hitze kann sie jedoch giftig machen.

Normalerweise sind Kürbisse und Zucchini äußerst gesunde Gemüsearten, die man reichlich und bedenkenlos essen kann. Aber heuer könnten sie sogar gesundheitsgefährdend sein. Schuld daran könnte die letzte Hitzeperiode samt Trockenheit sein. Gewarnt sei da vor bitter schmeckenden Kürbissen oder Zucchini.

Von Natur aus würden ja alle Kürbisse und andere Kürbisgewächse wie eben Zucchini oder Gurken einen bitteren Geschmack haben. Allerdings hat man ihnen das Bittere genommen und die Bitterstoffe, die sogenannten Cucurbitacine, herausgezüchtet. Sie verursachen beim Menschen Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. In hohen Konzentrationen können Cucurbitacine, die auch durch Kochen oder Backen nicht abgetötet werden, sogar zum Tod führen. Daher hat man das Gen der Cucurbitacine gezielt ausgeschaltet – Kürbis und Co. schmecken nun nicht mehr bitter und sind für den menschlichen Verzehr geeignet.

Cucurbitacine-Vergiftung

Jedoch: Extreme Wetterverhältnisse, wie die lang anhaltende Hitze und Trockenheit im heurigen Sommer, können das Gen im Erbmaterial der Pflanze wieder aktivieren. „Diese Wetterbedingungen machen der Pflanze Stress und sie kann mit einer vermehrten Produktion von Cucurbitacinen reagieren“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin Marlies Gruber, wissenschaftliche Leiterin von Forum Ernährung heute, einem Verein zur Förderung von Ernährungsinformation.

Eine weitere Möglichkeit, wie wieder mehr Bitterstoffe in Kürbisgewächse gelangen können, ist der Anbau im eigenen Garten – nämlich dann, wenn Speisekürbisse oder Zucchini direkt neben Zierkürbissen gepflanzt werden. Letztere enthalten nämlich noch giftige Cucurbitacine. Gruber: „Pollen können sich übertragen und eine Rückkreuzung verursachen. Sät man nun diese Samen im nächsten Frühjahr aus, haben die Pflanzen dann viel mehr Bitterstoffe.“ Erst im heurigen Sommer ist ein 79-jähriger Deutscher in Baden-Württemberg an einer Cucurbitacine-Vergiftung durch Zucchini aus seinem Garten gestorben. „Daher ist es besser, jedes Jahr auf gekaufte Samen zurückzugreifen“, rät Gruber.

Prinzipieller Rat, gerade heuer

Vor dem Kochen eine kleine, ungewürzte Kostprobe (starkes Würzen könnte ja die Bitterkeit übertünchen) von Kürbis oder Zucchini nehmen – neutraler Geschmack bedeutet grünes Licht für den Verzehr, schmeckt's bitter, lieber ausspucken und den Rest des Gemüses entsorgen. Und wer in einem Restaurant auf Bitteres stößt, möge die Speise zurückschicken. Kinder und alte Menschen sind unter anderem besonders gefährdet, da sie den Bittergeschmack manchmal nicht wahrnehmen, aber auch bei Schnupfen ist der Geschmackssinn oft beeinträchtigt.

Und wie so oft in der Natur haben auch Cucurbitacine zwei Seiten: Sie sind nicht nur giftig, sondern haben im Labor viel versprechende Wirkungen gegen Entzündungen, Kalkablagerungen in Blutgefäßen, Diabetes und sogar Krebs gezeigt. Wirksam werden sie da meist allerdings erst in einer toxischen Dosis. Forscher versuchen nun, das Bitterstoffgerüst so umzubauen, dass es für medizinische Zwecke nutzbar ist und der Gesundheit dienen kann.

Hilfe

Treten nach einer Kürbis- oder Zucchinimahlzeit Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall auf, Arzt aufsuchen, Rettung rufen und/oder die Wiener Vergiftungszentrale informieren ✆ 01/406 43 43.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2015)

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