Vranitzky: "Bei vielen Arbeitslosen nimmt Freundlichkeit ab"

Altkanzler Franz Vranitzky
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Der Altkanzler pocht auf die Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber. In der SPÖ müsse sich einiges ändern, die EU brauche "starke Personen".

Der frühere SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky pocht auf die baldige Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber. Denn, so sagte er am Montag im Interview mit dem „Standard“: „Wenn es viele Arbeitslose gibt, denen man ansieht, dass sie aus anderen Ländern gekommen sind, wird die Freundlichkeit abnehmen.“

Gefragt nach dem Drängen der ÖVP auf ein „Asyl auf Zeit“, verwies Vranitzky auf „zahlreiche Experten“, die bereits festgestellt hätten, dass dies „eine stumpfe Waffe gegen die steigenden Flüchtlingszahlen ist“. Denn, neben dem „enormen Verwaltungsaufwand für die Asylbehörden, wenn die dreijährige Frist abgelaufen ist“, könnten bei den Asylwerbern „von heute auf morgen wieder soziale Nöte auftreten“.

"Leitfiguren in der EU sind Mangelware"

Die Europäische Union sieht der Ex-Kanzler gespalten. Das Problem sei vor allem, dass „die Trennlinien auch innerhalb der Staaten selbst“ verlaufen würden – vor allem wegen des aufkeimenden Rechtspopulismus. Um den Differenzen Herr zu werden, bräuchte es laut Vranitzky „starke handelnde Personen“. Aktuell würde aber die „Kleinstaaterei“ dominieren.

„Von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel – und Österreichs Kanzler, der sich nach Kräften bemüht – abgesehen sind Leitfiguren in der EU aber Mangelware“, räumte er ein. Das sei auch der Grund dafür, weshalb „viele Staatschefs den populistischen Verlockungen nicht widerstehen“ könnten, verwies er etwa auf Ungarns Premier Viktor Orbán und dessen britischen Amtskollegen David Cameron.

"In der SPÖ kann es so nicht weitergehen"

Angesprochen auf das Ergebnis der Wien-Wahl, wo die SPÖ ihren ersten Platz vor der FPÖ verteidigen konnte, meinte er: „Natürlich ist es erfreulich, dass der Höhenflug von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gebremst wurde.“ Allerdings: „In der SPÖ kann es so nicht weitergehen“, plädierte er für Reformen. Unter anderem müssten die Sozialdemokraten ein breites Netz aus Vertrauenspersonen aufbauen, „für die es natürlich eine gründliche Schulung braucht“.

Flüchtlingsbeschäftigung

Für Asylwerber, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, besteht derzeit in Österreich ein restriktiver Zugang zum Arbeitsmarkt. Sie können als Saisonkräfte und Erntehelfer arbeiten oder auch für gemeinnützige Einrichtungen. Vor dem Hintergrund von derzeit fast 400.000 offiziell beim Arbeitsmarktservice (AMS) beschäftigungslos gemeldeten Menschen ist die Regierung weiterhin restriktiv beim Zutritt von Asylwerbern zum Arbeitsmarkt. Diese sollen künftig auch als Lehrlinge in zwölf Mangelberufen sowie im Tourismus eingesetzt werden können.

>>> Interview im „Standard“

(Red.)

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