Am Anfang stand die Beinahepleite einer Staatsbank

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ARCHIVBILD: UNI CREDIT �BERLEGT VERKAUF DES KUNDENGESCH�FTS AN BAWAG(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die Stadt Wien haftet noch immer mit Milliarden für die von Zerschlagung bedrohte Bank Austria.

Wien. Am Anfang stand die Beinahepleite einer der roten Reichshälfte zugerechneten Staatsbank: Die Länderbank, die schon zu Beginn der Achtzigerjahre nach der Eumig- und Klimatechnik-Pleite nur durch eine staatliche Geldspritze vor der Pleite gerettet werden konnte, war Ende des Jahrzehnts schon wieder knapp bei Kasse. Als Retter sprangen zuerst noch einmal der Staat und dann die Gemeinde Wien in Gestalt ihrer Zentralsparkasse ein: Die Z übernahm de facto die angeschlagene Länderbank, der „rote Riese“ Bank Austria war geboren.

Politik und Staatsbanken waren im ausgehenden 20. Jahrhundert durchaus kommunizierende Gefäße: Hannes Androsch beispielsweise wechselte nach seinem Rücktritt als Vizekanzler relativ nahtlos auf den Sessel des Creditanstalt-Chefs, Länderbank-Generaldirektor Franz Vranitzky vertauschte den Bank-Chefsessel mit dem des Bundeskanzlers, um nur zwei prominente Beispiele zu nennen.

Die Banken waren nach der herrschenden Proporzlogik penibel nach politischen Parteien getrennt. Die großbürgerliche Creditanstalt galt, obwohl SPÖ-Mann Androsch eine Zeit lang die Bank lenkte, als tiefschwarz. Der Klang der genagelten Maßschuhe vor dem Oktogon in der Bankzentrale war eine Art Kennmelodie dafür, dass hier der Tempel der rot-weiß-roten Hochfinanz stand.

Umso größer war der Schock, als Bank-Austria-Generaldirektor Gerhard Randa im Verein mit SPÖ-Bundeskanzler Viktor Klima im Rahmen eines Privatisierungsverfahrens im Jahr 1997 den Bürgerlichen die Creditanstalt vor der Nase wegschnappte. Die Bank Austria war damit endgültig die Größen-Benchmark im österreichischen Bankwesen.

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Aber nicht lang: Nach Verlusten in Osteuropa suchte Randa einen Partner – und fand ihn in der deutschen HypoVereinsbank. Als die nur fünf Jahre später von der UniCredit geschluckt wurde, war die einstige rote Großbank plötzlich ein italienisches Institut.Der HVB-Coup hat Randa viel Kritik auch von seinen Parteigenossen eingetragen: Er habe die Bank aus persönlichem Ehrgeiz den Deutschen angedient, hieß es. Mit der Absicht, eine große Nummer im deutschen Bankwesen zu werden. Tatsächlich saß Randa ein paar Jahre im HVB-Vorstand. Er selbst hat freilich immer betont, dass er nur die Vorgaben seines Haupteigentümers (der Gemeinde Wien beziehungsweise der von ihr initiierten AVZ-Stiftung) exekutiert habe.

Wie auch immer: Für die AVZ war das kein Geschäft. Die Transaktion war nicht in Cash, sondern per Aktientausch abgewickelt worden. Die HVB-Aktien, die die AVZ für die Bank Austria bekam, wurden dann in UniCredit-Aktien getauscht. Jetzt ist die Stiftung zwar minimal an der UniCredit beteiligt – aber der Kurs der italienischen Bank ist im Zuge der Finanzkrise dramatisch abgestürzt. Das ursprünglich gut 1,7 Milliarden Euro schwere Aktienpaket ist gerade noch ein Zehntel davon wert. Die Gemeinde Wien sieht sich dafür aber nicht verantwortlich: Die AVZ ist eine Stiftung, also de jure ein eigentümerloses Konstrukt, das sozusagen sich selbst gehört.

Sehr wohl zuständig ist Wien aber noch für die Haftungen, die sie bei den diversen Fusionen für ihre Zentralsparkasse übernommen hatte. Die betrugen zur Jahrtausendwende aberwitzige 122 Milliarden Euro, also mehr als das Fünffache der Kärntner Haftungen. Die Wiener hatten bisher aber mehr Glück: Unterdessen sind die Haftungen auf 6,7 Milliarden abgeschmolzen. Und es werden Jahr für Jahr weniger. Gut möglich, dass Wien aus der Sache ohne große Schrammen herauskommt. Die Bank selbst, für die sie solche Risken übernommen hat, wird aber wohl bald Geschichte sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2015)

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