Immofinanz: Petrikovics muss ins Gefängnis

IMMOFINANZ-PROZESS: OGH VERHANDELT �BER URTEILE GEGEN PETRIKOVICS
IMMOFINANZ-PROZESS: OGH VERHANDELT �BER URTEILE GEGEN PETRIKOVICS(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Der Oberste Gerichtshof ortet keine Befangenheit des Gutachters und bestätigt die Ersturteile: sechs Jahre Haft für Karl Petrikovics, 4,5 Jahre für Helmut Schwager.

Wien. Es ging um „fiktive Aktienkäufe und -verkäufe, fiktive Bewertungen und fiktive Bezugsrechte – aber um real ausbezahlte Gewinne“. So umriss Richterin Claudia Moravec-Loidolt bei der Urteilsverkündung am 12. April 2013 jenes Aktienoptionsgeschäft, das im Mittelpunkt des Strafverfahrens wegen schwerer Untreue gegen den einst mächtigen Boss der Constantia Privatbank und der von ihr gemanagten Immofinanzgruppe, Karl Petrikovics, deren einstigen Aufsichtsratschef Helmut Schwager und Prokurist Christian Thornton stand.

Gestern, Dienstag, sorgte der Oberste Gerichtshof (OGH) unter Senatspräsident Michael Schwab, der einen der größten Wirtschaftskriminalfälle Österreichs aufgrund von Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen neu aufrollte, für einen Knalleffekt: Er bestätigte entgegen den überwiegenden Erwartungen der zahlreich erschienenen Juristen die Ersturteile. Das heißt: sechs Jahre Haft für Petrikovics, 4,5 Jahre für Schwager. Die bedingte Haftstrafe gegen den Ex-Prokuristen Christian Thornton wurde von zwei Jahren auf 15 Monate herabgesetzt.

Auch in der zweiten Instanz stand die Position des Gutachters im Fokus: Der OGH begründete sein Urteil damit, dass der Sachverständige, der sowohl im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft als auch im Gerichtsprozess tätig war, nicht befangen gewesen wäre. Die bloße Tätigkeit eines Sachverständigen für die Staatsanwaltschaft machte ihn noch nicht befangen, führte OGH-Richter Michael Schwab aus. Diese Erkenntnis dürfte auch für andere Verfahren mit ähnlich gelagerter Sachlage Auswirkungen haben.

Der OGH folgte der Generalprokuratur. Generalanwalt Harald Eisenmenger hat aus der Stellungnahme der Behörde zitiert: Sie sehe keine Verfahrensmängel und damit auch keinen Grund für die Aufhebung der Ersturteile. Er warnte ausdrücklich davor, die Strafen zu reduzieren. Das wäre ein falsches Signal für den Wirtschaftsstandort, denn in diesem „Kriminalfall“ sei auch eine strafrechtliche Verfolgung sicherzustellen.

Keine Einladung auf einen Skiurlaub

Entgegen den Anwälten der Angeklagten, allen voran Petrikovics-Verteidiger Otto Dietrich, der sich auf die Doppelrolle von Gutachter Gerhard Altenberger im Ermittlungs- und im Gerichtsverfahren einschoss, betonte Eisenmenger: Eine gute Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden mit dem Sachverständigen könnte „niemals“ Befangenheit bewirken. „Da muss schon etwas Konkretes sein – wenn der Staatsanwalt den Sachverständigen auf Skiurlaub eingeladen hat“, so Eisenmenger. Das Wiener Straflandesgericht habe sich zudem in seinem Urteil auf die gutachterlichen Ausführungen der Hauptverhandlung gestützt, nicht auf das Gutachten des Ermittlungsverfahrens.

Dietrich hat die Tätigkeit Altenburgers zerpflückt und detailreich erklärt, warum dies ein „Lehrbuchbeispiel für die Befangenheit eines Sachverständigen“ sei. Schwagers Anwalt Michael Rohregger hat betont, solche Strafen seien nur bei einem fairen Verfahren gerechtfertigt. Das sei nicht der Fall gewesen.

Der Immofinanz-Prozess war ausschlaggebend, dass der OGH diese Frage vom Verfassungsgerichtshof hatte prüfen lassen. Das Höchstgericht ist heuer im März zu dem Urteil gelangt, dass Gutachter in ein und demselben Fall für die Staatsanwaltschaft und das Gericht tätig sein dürfen. Die Objektivität des Gutachters sei im Einzelfall zu prüfen.

Weiterhin im Immobiliengeschäft

Um Petrikovics ist es in den letzten Jahren ziemlich ruhig geworden. Was nicht heißt, dass er untätig ist. Das Firmenbuch listet 15 aktive Funktionen auf – alle als Gesellschafter, Geschäftsführer, Vorstand oder Kommanditist in Immobilien- und Liegenschaftsfirmen. Bei mancher Firma lohnt ein tieferer Blick: In der Situs L Liegenschafts Vermietungs GmbH & Co Neubaugasse 26 fungieren neben Petrikovics als Kommanditisten Ex-Treuhänder Hable und der Journalist Georg Wailand. In der Situs L Liegenschafts Vermietungs GmbH & Co Seidengasse 39 ist als Kommanditist neben Petrikovics und Wailand Gertner eingetragen. Das alte Netzwerk funktioniert also noch. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2015)

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