VW-Skandal: Weitere drei Millionen Autos könnten betroffen sein

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Zielvorgabe bei VW war, dass der Diesel-Motor EA288 ab September 2014 die Abgasnorm Euro-6 erfüllt. VW-Spitze soll angeblich schon früh von den Problemen gewusst haben.

Der heute aufgetauchte Verdacht, dass auch eine weitere Motorenreihe von VW von Manipulationen betroffen ist, lässt auch die VW-Pressestelle in Wolfsburg kollabieren. "Aufgrund des hohen Anfrageaufkommens können wir derzeit nur schriftliche Fragen beantworten. Wir bitten um Verständnis" - so die Antwort der VW-Pressestelle auf die per E-Mail eingereichte Bitte der Nachrichtenagentur Reuters um einen Rückruf.

Der nun unter Beobachtung stehende Motor EA288-Euro-5 war mindestens rund zwei Jahre im Einsatz, wie Experten der Deutschen Presse-Agentur sagten. Das legen auch Angaben aus dem Konzern selber nahe. Zudem sprechen auch Werte des Kraftfahrt-Bundesamts dafür. Demnach erfüllte 2014 erst rund ein Viertel der neuzugelassenen Diesel in Deutschland die Euro-6-Norm, drei Viertel hatten noch Euro-5-Motoren eingebaut. Und zu jener deutlich größeren Gruppe gehörte auch die erste Generation der VW-Motoren vom sogenannten Typ EA288, der zunächst nur Euro-5 erfüllte.

1,6-Liter-Diesel-Motoren betroffen

"Es war die Zielvorgabe bei VW, dass der EA288 ab September 2014 die Abgasnorm Euro-6 erfüllt", sagte Motorenexperte Victor Gheorghiu von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Er habe diese Angabe von Volkswagen für eine Lehrveranstaltung 2012 erhalten. Ob diese Vorgabe in die Tat umgesetzt worden sei, wisse er aber nicht. Auch in der Präsentation eines VW-Managers in den USA ist von September 2014 als Zielmarke für die Umstellung der EA288-Produktion auf Euro-6 die Rede. Der Vortrag ist auf der Website eines US-Instituts für Automobilforschung abrufbar. Demnach stammt die Präsentation von 2012.

Von den bisher schon bekannten Rückrufen waren 8,5 Millionen VW-Diesel EU-weit betroffen. Nun soll es sich um rund drei Millionen Fahrzeuge mit 1,6-Liter-Diesel-Motoren handeln, sagte ein VW-Sprecher. VW hatte bereits zuvor erklärt, dass die Umrüstung bei den 1,6-Liter-Motoren am kompliziertesten werden würde. Bei den anderen betroffenen Motorentypen - 1,2-Liter- und Zwei-Liter-Motoren - reicht voraussichtlich ein Software-Update, damit künftig die Emissionsvorschriften eingehalten werden.

Thema im VW-Vorstand bereits 2014

Und damit nicht genug des Ärgers. Mitglieder des Top-Managements des deutschen Kfz-Herstellers haben einem Bericht zufolge früh von Problemen bei den Abgaswerten von Dieselautos gewusst. Wie das "Manager Magazin" (Freitag) unter Berufung auf ein Sitzungsprotokoll schreibt, erörterte der damalige Vorstand der Kernmarke VW das Thema schon im Frühjahr 2014.

Das Gremium - damals geleitet vom inzwischen zurückgetretenen Konzernchef Martin Winterkorn - diskutierte demnach über einen Brief der US-Umweltbehörde EPA. Diese hatte die weltweite Abgas-Affäre im September dieses Jahres ans Licht gebracht.

Volkswagen wollte sich zu der Darstellung nicht äußern. Aus Dokumenten der kalifornischen Umweltschutzbehörde CARB geht hervor, dass VW bereits 2014 von Ungereimtheiten in Kenntnis gesetzt wurde. Später führte das Unternehmen sogar einen freiwilligen Rückruf der betroffenen Fahrzeuge durch und meinte, das Problem gelöst zu haben.

(APA/dpa/AFP)

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