Amazon: Buchhändler auf der Wolke

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Amazon (c) AFP (EMMANUEL DUNAND)
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Der weltweit größte Onlinehändler profitiert von Cloud-Computing – die Aktie legt einen Kurssprung hin.

San Francisco. Amazon hält sich trotz der Milliardensummen verschlingenden Expansion in den schwarzen Zahlen. Der weltgrößte Onlinehändler fuhr das zweite Quartal in Folge einen Gewinn ein und sorgte damit für einen Kurssprung an der Börse. Der US-Konzern, der sonst wegen hoher Investitionen oft rote Zahlen schreibt, kam in den Sommermonaten überraschend auf einen Überschuss von 79 Mio. Dollar. Im Vorjahreszeitraum ist noch ein Verlust von 437 Mio. Dollar angefallen.

Amazon-Aktien verteuerten sich daraufhin außerbörslich um elf Prozent auf 625 Dollar. Konzernchef Jeff Bezos verhalf der Sprung auf Platz drei der reichsten Amerikaner.

Der vor 20 Jahren als Buchhändler gestartete Konzern steckt Milliarden in Smartphones und Tablets, Videos, eigene Filme sowie Spiele. Damit will der umtriebige Firmengründer Bezos Apple, Google und dem aufstrebenden Videoportal Netflix Paroli bieten und Wachstumsfelder besetzen. Ende August hatte Amazon – beim größten Zukauf der Firmengeschichte – fast eine Milliarde Dollar für die Videospiele-Plattform Twitch bezahlt. Damit können mehr eigene Inhalte angeboten werden, die dann unter anderem auf dem Streaming-Dienst Instant Video und dem Kindle-Tablet laufen.

Bezos hatte immer wieder betont, dass ihm die Investitionen und ein steigender Umsatz wichtiger seien, als die Anteilseigner mit Gewinnen zu beglücken. Doch das scheint sich inzwischen zu ändern, nachdem im zweiten Quartal unter dem Strich bereits ein Plus von 92 Mio. Dollar stand. Finanzchef Brian Olsavsky sagte nun, die richtige Balance zu finden werde nicht immer einfach. Das Unternehmen aus Seattle wolle weiterhin sehr viel investieren. Amazon werde zugleich aber auch nach Wegen suchen, um die Kosten im Rahmen zu halten. Die Aktionäre machen Druck, dass Amazon trotz der hohen Ausgaben für neue Technik und Angebote Profite macht.

US-Geschäft läuft gut

Gut lief es vor allem in Nordamerika, der größten Region für den Konzern. Hier betrug der Zuwachs gut 28 Prozent. Weltweit kletterten die Quartalserlöse um 23 Prozent auf 25,36 Mrd. Dollar. Im besonders wichtigen Weihnachtsquartal wird mit einem Plus von 14 bis 25 Prozent auf dann 33,50 bis 36,75 Mrd. Dollar gerechnet.

Auch das Cloud-Computing – die Auslagerung von Speicher- und Rechendienstleistungen ins Internet – schiebt Amazon weiter an. In der Sparte Internetdienste (Amazon Web Services, AWS) stieg der Umsatz um 78 Prozent auf 2,1 Mrd. Dollar. Das Unternehmen zählt inzwischen mehr als eine Million AWS-Kunden in 190 Ländern. Konkurrenten sind hier unter anderem SAP, IBM und Microsoft.

Es müsse jedoch hinterfragt werden, wie lange das Wachstumstempo der Cloud so hoch bleiben könne, gab sich Analyst Colin Gillis vom New Yorker Finanzhaus BGC Partners skeptisch. „Aber im Moment ist AWS die Lokomotive“, ergänzte er. „Und das wird auch erst einmal so bleiben.“ (Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2015)

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