Wasabi ist keine Nuss

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Unlängst musste ich am Naschmarkt einem Gespräch lauschen, in dem doch tatsächlich jemand fragte, wo diese Wasabinüsse wachsen.

Nun, vermutlich in der selben Gegend, in der skrupellose Züchter hilflos miauenden Katzen ihre Zungen herausreißen, um sie zu Süßwaren zu verarbeiten. Dort, wo übrigens auch regelmäßig der arme Kokos gemolken wird. Man stelle sich das einmal bildhaft vor: Die Bäuerin auf dem Schemel, das Euter des haarigen Gesellen fest im Griff. Ein trauriger Anblick.

Aber zurück zum Ausgangspunkt: Bei Wasabia japonica handelt es sich schlicht um eine Pflanze, deren Wurzel zu Pulver oder Paste verarbeitet und in der japanischen Küche zum Würzen eingesetzt wird. Für Sushi, zum Beispiel. Oder eben für Erdnüsse, denen auf diese Weise ein Geschmack jenseits von schnödem Salz verliehen wird.

Besonders vertrackt ist die Wasabinuss übrigens dann, wenn sie über den Ärmelkanal schwimmt – dann wird sie nämlich zur Erbse. Im Englischen verwendet man dafür den Begriff Wasabi Pea, weil das kleine, grüne Etwas anscheinend einer Erbse so ähnlich sieht. Eine ähnliche Transformation hat auch der Alaska-Seelachs hinter sich, wenn er als Fischstäbchen auf den Teller gelangt. Bevor er von einem findigen Manager der Lebensmittelindustrie umgetauft wurde, war er nämlich noch ein Speisefisch aus der Familie der Dorsche. Sein Name: Pazifischer Pollack. Ein Etikettenschwindel sondergleichen. Ähnlich erbost war ich, als ich erfahren musste, dass meine Eltern gelogen hatten – und sie die gebackenen Mäuse gar nicht im Vorratsraum gefangen hatten. Aber nach so viel Tadel auch noch ein wenig Lob: Der falsche Hase gibt wenigstens zu, dass er in Wirklichkeit nur ein faschierter Braten ist.


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("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2009)

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