Smart Meter nach wie vor rechtliche Grauzone

Der Ferraris-Zähler hat ausgedient.
Der Ferraris-Zähler hat ausgedient.dpa/Federico Gambarini
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Bis 2019 will Österreich 95 Prozent aller Haushalte mit einem intelligenten Stromzähler versorgt wissen. Durch die datenschutzrechtliche Unsicherheit wächst Unmut und Kunden versuchen den Einbau zu verhindern.

Seit über 100 Jahren kommt bei der Messung des Stromverbrauchs der "Ferraris Stromzähler" zum Einsatz und funktioniert auf einem einfachen Prinzip: Je mehr Strom verbraucht wird, umso schneller dreht sich die eingebaute Scheibe und der Stromzähler erfasst mehr Verbrauch. Doch das Prinzip hat nun ausgedient und soll in den kommenden Jahren durch intelligente Stromzähler, auch Smart Meter genannt, ersetzt werden. Der Ferraris-Zähler hat also ausgedient, denn mit dem Erlass der auf § 83 Absatz 1 EIWOG 2010 basierenden Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung durch das BMWFJ (Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend) fiel der Startschuss für die Einführung von intelligenten Messgeräten beziehungsweise Smart Meter in Österreich.

Diese Verordnung liegt der Energieeffizienzrichtlinie der EU zugrunde, welche vorsieht, dass bis 2020 80 Prozent aller Haushalte innerhalb der EU mit den intelligenten Stromzählern ausgestattet sein sollen. Doch Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2019 95 Prozent aller Haushalte mit den neuen Smart Meter versorgt sein sollen.

Vorteile liegen beim Verbraucher - angeblich

Der Vorteil, so die dafür Verantwortlichen, liegt eindeutig beim Verbraucher. Denn dieser erhält über eine Webseite mit seinen persönlichen Daten und einem Passwort Zugang zu seinen ganz persönlichen Verbrauch einsehen und dadurch die Möglichkeit haben, unnötige Stromfresser zu identifizieren und gegebenenfalls zu entfernen, um Strom zu sparen. Einer der Hauptargumente zur Einführung der Smart Meter. Laut aktuellen Studien liegt das Einsparpotenzial in österreichischen Haushalten aber maximal bei 3 bis 4 Prozent der Stromkosten. Im Endeffekt soll man sich durch die Messgeräte also 30 bis 50 Euro pro Jahr sparen können. Auch das Ablesen der Stromzähler vor Ort wird obsolet, da die Daten automatisch an den Netzbetreiber übermittelt werden.

Datenschutz bei Smart Meter ungeklärt

Datenschützer sehen in den intelligenten Stromzählern eine potenzielle Gefahr. Es ist möglich, dass Stromversorger säumigen Kunden unverzüglich den Strom abschalten können. Österreich ist hier noch das letzte Land in der EU, das diese On-/Off-Funktion vorschreibt. In Deutschland wurde diese bereits entfernt.

Hinzu kommt, dass sich durch die automatische Übertragung und Speicherung der Daten auch ein Rückschluss auf die Lebensgewohnheiten der Kunden ziehen lässt. Wann jemand aufsteht, welche Geräte
wann in Betrieb sind und wie viele Personen sich gerade in der Wohnung beziehungsweise im Haus aufhalten.

"Was wir verlangt haben war, dass man ein Gerät installiert, das nur die allernotwendigsten Funktionen hat - so wie in Deutschland“, so Hans Zeger von Arge Daten. So soll es nur möglich sein, Daten auszulesen, wenn die Jahresabrechnung fällig ist oder auch wenn ein Eigentümerwechsel stattfindet und nicht wie es jetzt der Fall ist, dass die Daten, mit Zustimmung der Kunden, alle 15 Minuten an den Stromlieferanten übertragen werden können.

Datenschützer befürchten, dass aufgrund der nicht klar ausformulierten Datenschutzbestimmungen Netzbetreiber dazu gezwungen werden können, die Daten in Verfahren offenzulegen. Ein derartiges Negativbeispiel gibt es bereits, denn in den Niederlanden wurden die Stromverbrauchsdaten in einem Scheidungsfall herangezogen, um die Untreue des Ehepartners zu belegen, da sich zwei Personen zu einem Zeitpunkt im Haushalt aufhielten, bei denen der andere Ehepartner nicht zuhause sein konnte.

Ausstiegsmöglichkeiten werden erschwert

Wie bei ELGA, der elektronischen Gesundheitsakte, sind alle in das Smart-Meter-Programm integriert. Es gibt aber die Möglichkeit des Opt-out - zumindest theoretisch. Denn aktuelle Fälle zeigen, dass ein Ablehnen des Einbaus eines neuen Zählers nicht reibungslos abläuft. Erste Streitschlichtungsverfahren wurden bereits eingeläutet. Wie die Futurezone berichtet, wurde einer Kundin, die keinen Smart Meter haben wollte, am Servicetelfon mitgeteilt, dass sie dann keinen Strom mehr beziehen könne, da der alte Ferraris-Zähler trotz Opt-out dennoch abgebaut werden würde.

Das "Forum Datenschutz" sammelt derzeit alle diesbezüglichen Erfahrungen, um besser bei der Regulierungsbehörde intervenieren zu können. Die derzeitge Rechtsunsicherheit hat nämlich auch dazu geführt, dass die EVN (Energieversorgung Niederösterreich) und die Wien Energie bei der Umstellung auf die Bremse treten. Die Netzlieferanten fordern eine Anpassung auf die von der EU festgelegten Quote von 80 Prozent bis 2020.

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