MAK: Kunst aus dem Kaffeehaus

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ihr "Kaffeehaus am Ring"-Schmuck hat Andrea Steinhauser bekannt gemacht. Jetzt zeigt sie ihr Porzellandesign auf der Blickfang.

Sachertorte (mit Schlag oder ohne), Punschwürferl, Himbeer-Zitronen- oder Marzipantorte: Die meisten der winzigen Torten gibt es auch wirklich. Nur nicht in einem Kaffeehaus am Ring – sondern in der Kaffee-Konditorei Hübler am Lorenz-Bayer-Platz im Siebzehnten. Dort, sagt Andrea Steinhauser, sitze sie gern; vor allem, wenn sie das Bedürfnis habe, allein zu sein – was im Kaffeehaus oft am besten geht. Wann immer sie in der Vergangenheit umgezogen ist: Sie blieb im Umkreis von 600 Metern zum Hübler. Mindestens einmal pro Woche wirft sie einen Blick in die Kuchenvitrine.

Irgendwann entdeckte Steinhauser dann auf einem Flohmarkt ein kleines Modellbauservice. Gut ein Jahr lang tüftelte sie mit Kleber und professioneller Modelliermasse; 2010 entstand daraus die Schmuckserie „Kaffeehaus am Ring“. Just zu der Zeit, als sich mit Initiativen wie dem Feschmarkt ein neues Designbewusstsein zu etablieren begann. Mittlerweile ist der Feschmarkt Fixpunkt im Stadtleben; Steinhauser mit ihren Ringen eine Pionierin des „Wien-Branding“.

Erfolg und Plagiate

Nach den Märkten kamen die Museen. Als erstes rief das Leopold-Museum an: Man wolle ihre Kollektion. Es folgten das Lentos, das Kunsthaus Graz oder die Kunsthalle Krems, die heute alle ihre Produkte führen (und zu Ausstellungen eigene Serien bestellen). Mit dem Erfolg kamen die Plagiate. Nicht nur einmal, erzählt Steinhauser, versuchte jemand, ihre Kaffeehausringe zu kopieren, gab sich sogar in Geschäften als sie aus. Zuerst habe sie das traurig gemacht. Getröstet habe sie der Gedanke, „dass ich kreativ bin, dass mir immer etwas Neues einfällt“. Schmuck mit winzigen Figürchen in Swimmingpools etwa. Oder Objekte aus Porzellan.

Den Umgang mit diesem Material hat Steinhauser bei Hermann Seiser gelernt, der wiederum bei Augarten, an der Angewandten oder der Wiener Kunstschule gearbeitet hat. Steinhauser brennt daraus Schmuck, Lampen (nach Bleikristallmustern), Vasen oder Schalen, die sie mit Gipsabdrücken aus Früchten fertigt – aus Orangen, Zitronen oder Ananas (mittlerweile ebenfalls kopiert), die sie vor der Tür auf dem Ottakringer Yppenplatz kauft, wo sie sich mit dem Upcycling-Label Milch einen Showroom teilt.

Apropos Upcycling: Das hat Steinhauser auch ihren Schülern angeboten. Denn eigentlich ist sie Biologin – und Lehrerin. Bis Juni hat die gebürtige Waldviertlerin und Tochter eines Chemikers in Strebersdorf unterrichtet. Dieses Schuljahr hat sie sich unbezahlt karenzieren lassen, „weil einfach alles zu viel war und ich gemerkt habe, dass ich für die größeren Projekte mehr Zeit brauche“. Von ihrem „Doppelleben“ als Designerin wissen ihre Schüler nichts – bis auf jene, die es auf eigene Faust herausgefunden haben.

Dass das Leben nicht planbar ist, ist mittlerweile eine ihrer Überzeugungen. Dass man sich Veränderung zutrauen könne, eine zweite. Und: Dass aus schlimmen Dingen (wie den Plagiaten) oft etwas Positives erwächst. Ihre erste Galerie verdankt sie einem Autounfall. Ein anderer Wagen hatte ihren am Gürtel erwischt, vor der Aussage bei der Polizei musste sie warten. In der Zwischenzeit spazierte sie ins nahegelegene Unik.at und fragte, wie man sich bewerben könne. Inzwischen fragen die Geschäfte eher bei ihr an, um sie ins Sortiment aufzunehmen. Ihre Ringe wie auch ihre Obst- und Gemüseschalen (die es auch als Artischocken oder Ochsenherz-Tomaten gibt) werden regelrecht gesammelt. Eben, freut sich Steinhauser, habe ihr eine blinde Kundin erklärt, wie sehr sie ihr Porzellan aus haptischen Gründen möge. Im November ist die Designerin nun Gast bei der Londoner Ausgabe des zeitgenössischen Renegade Craft Fair – und ab heute zeigt sie ihre Stücke erstmals bei der Blickfang Designmesse im MAK. Natürlich mit dem „Kaffeehaus am Ring“. Das auch Salziges im Angebot hat: Frühstück mit Ei etwa. Oder Würstel mit Senf und einem Semmerl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2015)

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