Vorsichtiger Optimismus zum Auftakt der Syrien-Gespräche

Der Start der Verhandlungen am Freitag im Imperial
Der Start der Verhandlungen am Freitag im ImperialAPA/EPA/HERBERT NEUBAUER
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Außenminister der Veto-Mächte und der wichtigsten regionalen Akteure hoffen zu Beginn des Wiener Treffens auf den Start eines Friedensprozesses.

Mit vorsichtigem Optimismus haben die über 15 Außenminister und Spitzendiplomaten ihre Verhandlungen über eine Lösung des Syrien-Konflikts im Hotel Imperial in Wien begonnen. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einem wichtigen Tag für das Schicksal Syriens. US-Außenminister John Kerry erklärte: "Ich bin hoffnungsvoll, ich würde es nicht Optimismus nennen." Frankreichs Chefdiplomat Laurent Fabius lobte, es sei "das erste Mal seit dem Beginn des syrischen Konflikts, dass sich diese großen Akteure treffen."

Tatsächlich bringt diese zweite Wiener Verhandlungsrunde nicht nur die Vertreter der UN-Vetomächte, sondern mit Saudi-Arabien und dem Iran erstmals auch die zwei regionalen Erzfeinde an einen Tisch, die auf verschiedenen Seiten stehen: Während Teheran gemeinsam mit Moskau das Assad-Regime unterstützt, besteht Saudi-Arabien auf den Sturz des Regenten in Damaskus. Steinmeier sprach angesichts dieser Gesprächskonstellation in Wien von einem "Hoffnungszeichen für Syrien und für die Region".

Bei den Gesprächen wird nach einer Lösung für die seit bald fünf Jahren andauernde Gewalt in Syrien gesucht. Eine Einigung an diesem Freitag erwartete aber keiner der Teilnehmer. Das Treffen könne allenfalls der Beginn eines Syrien-Friedensprozesses sein, hieß es aus Verhandlerkreisen. Nicht eingebunden sind Vertreter des syrischen Regimes und die Opposition. Ein Vertreter der auch vom Westen unterstützten Syrischen Nationalkoalition sprach mit Blick auf das Wiener Treffen von einer "Karnevalsveranstaltung", die nicht die wirklichen Probleme des Landes ins Visier nehme.

Vor-Verhandlungen am Vorabend

Am Donnerstag hatten bereits Verhandlungen in kleinerem Rahmen sowie zahlreiche bilaterale Gespräche stattgefunden. So waren am Abend bereits die Außenminister der USA, Russlands, der Türkei und Saudi-Arabiens zusammengetroffen, um sich über mögliche Lösungswege abzustimmen. Unter vier Augen sprach US-Außenminister John Kerry etwa mit seinem iranischen Amtskollegen Mohammad Javad Zarif sowie mit Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini kam ebenfalls bereits am Donnerstag mit Zarif zusammen.

Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura wertete die Syrien-Konferenz als Zeichen dafür, dass viele Staaten nunmehr die Unmöglichkeit einer militärischen Lösung im Syrien-Konflikt erkannt haben. Die Wiener Gespräche könnten den Beginn eines politischen Prozesses markieren, erklärte er.

Nach Aussage von Mogherini soll mit dem Wiener Treffen ein Weg bereitet werden für ein Nachfolgetreffen Anfang November. Das Treffen solle einen politischen Wandel in Syrien einleiten. Es sei bereits ein bedeutender Kompromiss und Erfolg, dass alle regional und international relevanten Akteure zusammenkämen, sagte sie nach dem Treffen mit Zarif.

Positive Signale aus Moskau

Auch aus Moskau kamen positive Signale. "Endlich ist es gelungen, alle wichtigen Akteure ohne Ausnahme (...) um einen Verhandlungstisch zu versammeln", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag. Kerry sagte noch vor seinem Abflug nach Wien: "Die Herausforderung, vor der wir in Syrien stehen, ist, einen Weg aus der Hölle zu finden."

Insgesamt nehmen Spitzendiplomaten aus 17 Staaten sowie Mogherini und de Mistura an den Gesprächen teil. Zu dem Gipfel wurden die Außenminister der USA, Russlands, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Saudi-Arabiens, des Iran, des Irak, der Türkei, Katars, Ägyptens, der Vereinigten Arabischen Emirate, des Libanon, Jordaniens, Italiens und des Oman erwartet. Aus China sollte der Vize-Außenminister anreisen.

Streitfrage: die Zukunft Assads

Ein Knackpunkt bei dem Gipfel dürfte die Rolle Assads bei einer möglichen Friedensregelung sein. Westliche Staaten haben erkennen lassen, dass der Präsident in eine Übergangslösung eingebunden werden könnte; langfristig soll er die Macht aber abgeben. Russland und der Iran als Hauptunterstützer des Langzeitmachthabers wollen von einer baldigen Ablösung Assads nichts wissen. Unbestritten ist bei allen Konferenz-Teilnehmern, dass die jihadistische Organisation "Islamischer Staat" (IS) der gemeinsame Hauptgegner ist. Die IS-Extremisten stellen die mit Abstand stärkste oppositionelle Kraft in der zersplitterten syrischen Opposition dar.

In Syrien tobt seit etwa viereinhalb Jahren ein blutiger Konflikt zwischen dem Regime von Assad und aufständischen Gruppen. Die Kämpfe forderten über 250.000 Tote. Etwa 4,2 Millionen Syrer sind bisher ins Ausland geflohen.

(APA/dpa/AFP/Reuters/red)

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