Grüne unter Cohn-Bendit fast gleichauf mit PS. Bisher gab es nur vereinzelt Stimmen, die indirekt den Rücktritt von Parteichefin Martine Aubry verlangen.
Paris.Die Europawahl hat die Führungsrolle der französischen Sozialisten auf der linken Seite des Parteienspektrums infrage gestellt: In mehreren der acht Wahlkreise wurden sie auf den dritten Platz verwiesen, hinter der siegreichen UMP von Präsident Nicolas Sarkozy (landesweit 28 Prozent) und den Grünen, die unter Daniel Cohn-Bendit kräftig zulegten.
Die Sozialisten hatten mit einem schlechten Resultat gerechnet, nicht aber mit dieser Katastrophe. Laut Endergebnis liegen sie mit 16,8 Prozent nur knapp vor den Grünen (16,2 Prozent). Für beide bedeutet das 14 Sitze. In der Hauptstadtregion liegen die Umweltlisten „Europe-Ecologie“ deutlich vor den Sozialisten.
Der Parti Socialiste (PS) war nicht bloß angezählt wie ein taumelnder Boxer, sondern k. o., da gab es nichts schönzureden: „Wir haben nur die Wahl, unsere Partei von Grund auf zu verändern... oder unterzugehen“, meinte Ex-Europaminister Pierre Moscovici.
Bisher gab es nur vereinzelt Stimmen, die indirekt den Rücktritt von Parteichefin Martine Aubry verlangen. Sie hatte nach der Bekanntgabe der Resultate mit bebender Stimmer erklärt, die Parteiführung habe die Botschaft der Wähler verstanden und werde darum „den Prozess der Erneuerung beschleunigen“.
Von Wahl Sarkozys nie erholt
Der 7. Juni ist das Nachbeben der Präsidentenwahl vom 6. Mai 2007, denn seit dieser Niederlage hatte sich die PS nie wirklich erholt. Der Kredit, den man der Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal damals als Gegnerin von Nicolas Sarkozy geschenkt hatte, wurde sogar durch interne Rivalitäten verspielt. Bis zum chaotischen Parteitag in Reims im November, als sich Aubry und Royal eine Schlammschlacht um den Parteivorsitz lieferten. Das haben weder die Genossen an der Basis noch die Wähler vergessen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2009)