Werner Faymann versucht, seine Kritiker mit neuer, unverbindlicher Sympathie für eine Vermögenszuwachssteuer zu besänftigen. Teilen der SPÖ geht der Vorstoß des Parteichefs jedoch nicht weit genug.
Werner Faymann ist offensichtlich um einen Befreiungsschlag bemüht, um die SPÖ-interne Kritik zu besänftigen. Am Dienstag verkündete der Kanzler und SPÖ-Chef, dass Vermögenssteuern in dieser Legislaturperiode sehr wohl noch zum Thema werden könnten, obwohl die Koalition die Linie festgelegt hat: keine neuen Steuern.
Dass die SPÖ für eine europäische Finanztransaktionssteuer eintritt, ist längst kein Geheimnis mehr. Doch jetzt denkt Faymann auch über eine Vermögenszuwachssteuer auf Finanzprodukte nach. Einen Tag vor den Sitzungen des SPÖ-Präsidiums und des Bundesparteivorstandes am Mittwoch bei denen Faymann mit heftiger Kritik an seinem bisherigen Kurs rechnen muss, trat er verbal aufs Gas: Eine Vermögenszuwachssteuer solle „lieber früher als später kommen“. Vorausgesetzt, die ÖVP stimme zu, schränkte er aber ein.
Dem steirischen SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves, der seit Wochenbeginn wieder mit Nachdruck Erbschafts- und Schenkungssteuer reanimieren will, erteilte der Kanzler dagegen eine Absage: „Ich bin für eine Entlastung von Arbeit. Aber eine Mittelschichtsteuer schlagen wir nicht vor.“
Teilen der SPÖ geht der Vorstoß des Parteichefs dennoch nicht weit genug. Die Gewerkschaft Metall-Textil-Nahrung forderte am Dienstag die Einführung einer – wörtlich – „Reichensteuer“ für sehr hohe Einkommen und Vermögen.
Der Teufel steckt im Detail
Was die ÖVP dazu sagt? „Eine Finanztransaktionssteuer ist klar auch unser Ziel im europäischen Gleichklang“, meint Daniel Kapp, Sprecher von Finanzminister Josef Pröll. Und die Vermögenszuwachssteuer? „Was die Einführung einer Eigentumssteuer betrifft, sind wir nach wie vor der Meinung, dass die Gefahr, dass so eine Steuer den ohnehin stark belasteten Mittelstand trifft, zu groß ist.“
Beide Seiten wissen dabei, dass keiner der genannten Vorschläge Aussicht auf eine rasche Realisierung hat. So wird der „europäische Gleichklang“ bei einer Finanztransaktionssteuer – einer Art Gebühr auf diverse Bankgeschäfte – voraussichtlich noch länger auf sich warten lassen. Und Vermögenszuwächse werden in Österreich bereits in vielen Fällen besteuert, sodass es hier eher um die Schließung von Lücken geht. Wer beispielsweise einen Gewinn aus dem Verkauf von Aktien bezieht, muss dafür Einkommensteuer zahlen, wenn zwischen Erwerb und Verkauf der Aktie weniger als ein Jahr vergangen ist.
Eine Ausweitung dieser einjährigen Spekulationsfrist ist im Vorjahr auch von der ÖVP schon angedacht worden – aber ohne rechte Begeisterung, weil man dabei Gefahr läuft, den Gedanken der Eigenvorsorge zu konterkarieren. Die von der Regierung propagierte und unterstützte Idee, durch eigene Veranlagung die Pensionslücke zu schließen, würde durch eine Zuwachssteuer an Attraktivität einbüßen. Strittig ist auch, wie eine solche Steuer angelegt sein muss, um nichtinflationäre Preissteigerungen zu besteuern, denen gar kein realer Wertzuwachs entspricht.
Gewinne aus Termingeschäften (Wetten auf Kursveränderungen) sind überdies immer einkommensteuerpflichtig. Und wer ein größeres Aktienpaket verkauft (mehr als ein Prozent eines Unternehmens), muss für den Gewinn jedenfalls 25 Prozent Steuer zahlen.
Noch heikler ist das Thema Substanzbesteuerung. Als „Reichensteuer“ existiert die Vermögenssteuer auch in anderen Ländern nicht. Wo es deutlich höhere Einnahmen gibt als in Österreich, kommen die in der Regel aus einer breit angelegten Grundsteuer, aus der Dienstleistungen wie Müllabfuhr und Wasserversorgung bezahlt werden, die in Österreich als Gebühren eingehoben werden. Ohne gröberen Systemumbau würde es also hierzulande nicht gehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2009)