Wildbiologe: „Das Verlangen, wieder Teil der Natur zu sein“

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Klaus Hackländer von der Universität für Boden- kultur über das Image der Jäger, die Entfremdung von der Natur und die Notwendigkeit von PR-Kampagnen.

Warum haben die Jäger in Österreich eigentlich so ein zwiespältiges Image?

Klaus Hackländer: Ist es wirklich zwiespältig? Also ich sehe in erster Linie ein negatives Image, wenn man die Medien verfolgt. Das frustriert auch viele Jäger, weil die Mehrzahl nichts mit dem am Hut hat, was einzelne schwarze Schafe unter ihnen anstellen. Aber über diese negativen Einzelfälle wird eben berichtet, und das prägt das Image.

Ist es wirklich nur die Schuld der Medien, spaltet nicht die Jagd an sich die Menschen?

Das große Problem ist sicherlich die Entfremdung der Gesellschaft von dieser Form der Nutzung der Ressourcen, die mit dem Töten einhergeht. Das können viele nicht mehr nachvollziehen, weil sie selbst nicht mehr erleben, wo ihre Nahrung herkommt. Es gibt immer Ressentiments, wenn es um Waffen und um das Töten geht. Es liegt aber auch an der Jägerschaft selbst, weil man Public Relations in der Vergangenheit immer sehr gering geschätzt und nicht wirklich betrieben hat.

Das ist aber auch ein schwieriges Thema. Ein Plakat mit einem Hirschschnitzel und den Worten „Wir schießen Ihr Essen“ kommt vielleicht nicht so gut an.

Es gab eine sehr gute Plakataktion vom Deutschen Jagdverband. Sie haben Anzeigen geschaltet mit schönen Bildern der Jagd und mit kurzen, markigen Sätzen, die zum Nachdenken angeregt haben. Oder man macht es über die Basis, über einzelne Jäger, die in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis Verständnis schaffen.

Diese Basis scheint ja immer breiter zu werden. Das Interesse an der Jagd nimmt in Österreich zu.

Die Zahlen gehen nach oben, ja. Ich kann mir gut vorstellen, dass es mit der Urbanisierung der Gesellschaft, mit der Entfremdung von der Natur, das Verlangen gibt, wieder Teil der Natur zu werden. Das sieht man bei den boomenden Outdoor-Sportarten, die Menschen wollen in die Natur. Eine Möglichkeit, entweder Ruhe oder Action zu haben – jeder kann das nach seiner Art auslegen – ist es, als Jäger unterwegs zu sein. Das hat wieder einen Reiz. Aber diese vielen Freizeitjäger werden die Probleme nicht lösen können, die wir in der Kulturlandschaft haben.

Von welchen Problemen sprechen Sie?

Von Wildschäden. Wegen der zunehmenden Dichte an Wildschweinen und auch an Rehwild und Rotwild leidet die Land- und Forstwirtschaft unter hohen Bissschäden. Die Freizeitjäger werden diese Probleme nicht lösen können, weil sie einfach zu wenig in den Revieren sind. Dafür braucht man in Zukunft wahrscheinlich mehr Berufsjäger, die wirklich die ganze Woche, jeden Tag, im Revier unterwegs sind und die Gegebenheiten kennen.

Muss man die Jagd vielleicht freigeben, wie in manchen Kantonen in der Schweiz, wo jeder auf die Jagd gehen kann und kein eigenes Revier braucht?

Na ja, durch die Revierjagd wird auch viel kostenlose Arbeit für die Öffentlichkeit geleistet. Der Jäger gestaltet und schafft Lebensräume, er füttert die Tiere im Winter, er räumt alte Zäune aus dem Weg, an denen sich das Wild vielleicht verletzen könnte, er räumt das Fallwild auf der Straße weg – diese Hegemaßnahmen gibt es in der Schweiz nicht. Das macht dort ein Wildhüter, der vom Steuerzahler bezahlt werden muss.

Wie sieht für Sie der ideale Jäger aus?

Zukunftsfähig ist ein naturverbundener, junger Mensch mit Zeit. Das ist das große Problem. Den Jungjägern mangelt es vor allem an Zeit, das zeigen auch Umfragen. Damit fehlt auch der Jagdhund, den man braucht, wenn man eine Jagd gut und ernsthaft ausüben will. Dafür stellt man im Revier mehr Wildkameras auf und lässt sich die Bilder aufs Smartphone schicken. Ich würde mir jemanden wünschen, der sich die Zeit nimmt für ein Revier und noch weiß, was draußen vor sich geht. Er muss wahrscheinlich auch ein guter Kommunikator sein, wenn man den Mountainbikern und den Schwammerlsuchern erklären muss, was sie im Wald anstellen und was sie besser nicht machen sollten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2015)

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