Ein Tunesier wurde im Oktober in Lampedusa verhaftet, man hielt das bisher aber geheim. Der EU-Ratspräsident tritt für mehr Schutz der Außengrenze ein.
Rom/Berlin/Wien. Die italienische Polizei hat, wie am Wochenende bekannt wurde, einen tunesischen Terroristen gefasst, der mit einem Flüchtlingsboot über das Mittelmeer gekommen war. Laut „La Repubblica“ wurde das 38-jährige Mitglied einer islamistischen Terrorgruppe bereits am 4. Oktober mit etwa 200 anderen Menschen aus dem Meer gerettet. In Lampedusa erkannte die Polizei, wen sie vor sich hatte, und schickte ihn sofort in seine Heimat zurück. Die Causa wurde bisher geheim gehalten, um keine Panik auszulösen, schreibt die Zeitung.
Der Mann war 2008 in Italien gefasst und zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Nach seiner Entlassung wies man ihn aus. Laut „La Repubblica“ bestätige das die „besorgniserregende Hypothese“, dass Terroristen dieselben Boote nutzen wie Menschen in Not.
EU-Ratspräsident Donald Tusk übt derweil Kritik an Deutschland angesichts der Flüchtlingskrise: Es solle mehr Engagement beim Schutz der EU-Grenzen leisten, forderte Tusk in der „Welt am Sonntag“. Er verstehe, wenn Deutschland „aus historischen Gründen Schwierigkeiten hat, ein strenges Regime an seinen Grenzen zu errichten. Aber europäische Führungsverantwortung heißt für Deutschland auch, die Außengrenzen Europas notfalls energisch in einer paneuropäischen Einheit zu kontrollieren.“
Berlin wusste von drohendem Ansturm
Tusk wollte am Sonntag in Berlin Kanzlerin Angela Merkel treffen. Osteuropäische EU-Staaten, darunter Polen, riefen Berlin mehrfach auf, sich nicht nur auf die Aufnahme von Flüchtlingen zu fokussieren, sondern stärker auf die Begrenzung des Zustroms. Dass die Flüchtlingszahlen dramatisch steigen würden, dürfte Berlin laut „Welt am Sonntag“ lange gewusst haben: Demnach informierte die EU-Grenzschutzagentur Frontex schon im März über einen Rekordansturm. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2015)