Kataloniens Parlament stimmt für Unabhängigkeit

Kundgebung von Unabhängigkeits-Befürwortern Mitte Oktober
Kundgebung von Unabhängigkeits-Befürwortern Mitte OktoberREUTERS
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Die Abgeordneten leiten damit den Prozess zur Loslösung von Spanien ein. Madrid will die wirtschaftsstärkste Region des Landes nicht verlieren.

Mit ihrer Mehrheit im frisch gewählten katalanischen Regionalparlament haben die separatistischen Parteien am Montag den Abspaltungsprozess von Spanien in die Wege geleitet. Das Regionalparlament beschloss, "feierlich den Beginn des Prozesses zur Schaffung eines unabhängigen katalanischen Staates in Form einer Republik" einzuleiten, heißt es in der am Montag verabschiedeten Resolution.

Die separatistische Allianz Junts pel Si (Gemeinsam fürs Ja) des katalanischen Ministerpräsidenten und die Linkspartei CUP hatten sich auf einen gemeinsamen Text verständigt. Beide Parteien haben die Mehrheit im Regionalparlament. Bereits in einem Monat sollen erste Gesetze einer katalanischen Verfassung sowie zur Einführung einer eigenen Finanzhoheit ausgearbeitet werden. Der Text sieht sogar explizit den Ungehorsam gegen die zu erwartende Ablehnung des Unabhängigkeitsprozesses durch das spanische Verfassungsgericht vor.

Schon am Dienstag will die konservative spanische Zentralregierung von Ministerpräsidenten Mariano Rajoy (PP) die Resolution vor dem Verfassungsgericht anfechten, wodurch die Resolution bis zum Urteil automatisch außer Kraft gesetzt wird. Die Resolution der Separatisten werde "ohne Konsequenzen" bleiben, sagte Rajoy in Madrid. Zudem will sich der Regierungschef am Dienstag mit Spaniens sozialistischem Oppositionsführer Pedro Sanchez (PSOE) treffen, um ein gemeinsames Vorgehen gegen die separatistische Provokation zu besprechen.

Katalonien drohen Finanzkürzungen

Knapp zwei Monate vor den Parlamentswahlen in Spanien hatte die Regierung schon vergangene Woche mit juristischen Mitteln versucht, den Sezessionisten einen Riegel vorzuschieben. Gemeinsam mit anderen antiseparatistischen Parteien hatte die konservative Volkspartei (PP) unter Mariano Rajoy beim spanischen Verfassungsgericht in Madrid einen Antrag eingereicht, die Debattensitzung als verfassungswidrig zu untersagen. Verfassungsrichter aber wiesen das Ansuchen auf ein Verbot der Abstimmung ab. Allerdings wird erwartet, dass die Richter nun nach der Resolution der Katalanen ein Veto einlegen werden.

Laut Informationen der Zeitung "El Mundo" (Montagsausgabe) plant die Zentralregierung sogar, die katalanische Regionalpolizei Mossos d'Esquadra unter ihre direkte Kontrolle zu stellen und Katalonien den Finanzhahn abzudrehen, sollten sich das Regionalparlament und die Regionalregierung gegen die Anordnungen des Verfassungsgerichts stellen.

Ines Arrimadas, Fraktionsführerin der liberalen prospanischen Ciudadanos-Partei warf den Separatisten vor, "die Prinzipien und Spielregeln einer Demokratie zu brechen, die allen Spanier Blut, Schweiß und Tränen gekostet hat". Xavier García Albiol von der konservativen Volkspartei (PP) bezeichnete die Resolution schlichtweg als Staatsstreich. Vergangene Woche drohte Spaniens Innenminister Jorge Fernandez Diaz sogar mit dem Einsatz der paramilitärischen Polizeieinheit Guardia Civil. Man setze zwar auf juristische Mittel und wolle die Zivilgarde nicht durch Barcelona "defilieren lassen", die Sicherheitskräfte seien aber einsatzbereit, so Fernandez Diaz.

Mas: "Demokratisches Mandat"

Der Weg in die Unabhängigkeit sei nicht mehr zu bremsen, erklärte Raül Romeva von Junts pel Si nach der Abstimmung am Montag, die symbolisch auf den 9. November gelegt wurde. Vor genau einem Jahr wurde in Katalonien mit Unterstützung der Regionalregierung trotz des Verbots durch das Verfassungsgericht eine Unabhängigkeitsbefragung durchgeführt, für die sich Artur Mas derzeit sogar vor Gericht verantworten muss.

In der Resolution rechtfertigten die Separatisten um den katalanischen Regierungschef ihr Vorgehen mit dem "demokratischen Mandat", welches sie bei den Regionalwahlen am 27. September von den Katalanen erhielten. Die separatistische Parteiallianz Junts pel Si wurde zwar stärkste Formation im Parlament, verfehlte aber eine absolute Mehrheit. Selbst mit der parlamentarischen Unterstützung der ebenfalls separatistischen CUP verfügen sie zwar über eine absolute Parlamentsmehrheit. Doch unterstützte weniger als die Hälfte der knapp fünf Millionen wahlberechtigten Katalanen beim Urnengang im September die Unabhängigkeitsbefürworter.

Dennoch will Mas die wirtschaftsstärkste Region des Landes in 18 Monaten in einen unabhängigen Staat verwandeln - egal, was die Verfassungsrichter entscheiden. Laut der Verfassung gilt die Einheit der spanischen Nation aber als unauflöslich.

(APA/AFP)

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