Koalition in Wien: Rot-grünes Personalkarussell

Maria Vassilakou.
Maria Vassilakou.(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Die SPÖ überlegt, Integrations- und Bildungsressort ebenso zu fusionieren wie Umwelt und Verkehr. Nur: Die Grünen lehnen das ab – und fordern im Gegenzug mehr Macht.

Wien. Die Zeit wird knapp. Am Montag hat die grüne Parteispitze die Einladungen zur 74. Landesversammlung versandt, bei der am Samstag auch der Koalitionspakt von der Basis abgesegnet werden soll. Danach (am Montag darauf) tritt der SPÖ-Vorstand zusammen.

Die Grünen haben den Tagesordnungspunkt „Beschluss über das Koalitionsabkommen“ jedenfalls mit dem Zusatz „Bei Zustandekommen“ versehen – das zeigt, dass sich die Verhandlungen nun besonders zäh gestalten. Denn jetzt geht es um Personalia, Ressorts und die Beseitigung der Knackpunkte (Wahlrecht, Lobautunnel, Geld für Inserate, Ressortverteilung). Lösen sollen die Probleme zwei große Verhandlungsrunden. Die erste lief den gesamten Montag über, die zweite ist für Mittwoch angesetzt. Wobei Verhandler annehmen, dass der Koalitionspakt erst am Freitag fertig sein wird. Immerhin gibt es einige Dissonanzen.

Neben dem Thema Bildung, bei dem sich die rot-grünen Verhandlungen (wegen einer neuen schulischen Modellregion) äußerst zäh gestalten, fordern die Grünen vehement einen zweiten Stadtratsposten: Von dieser Forderung werde man nicht abgehen, ist in grünen Kreisen zu hören. Immerhin hätten die Grünen ein Drittel der Stimmen der SPÖ, aber nur einen von acht Stadträten, wird argumentiert. Die Forderung: Maria Vassilakou bleibt Stadträtin für Verkehr und Stadtplanung, David Ellensohn wird Bildungsstadtrat.

Das empört die SPÖ. Immerhin müsste sie damit auf einen zweiten Stadtrat verzichten – nachdem sie wegen des Wahlergebnisses bereits einen Posten räumen muss. Manche Grüne befürchten deshalb, „dass der Karren gegen die Wand gefahren wird“: „David (Ellensohn, Anm.) will um jeden Preis Stadtrat werden um seine Karriere abzusichern.“ Immerhin sei nicht klar, ob er Klubchef bleibe – gebe es doch eine sehr starke Gruppe, die Ellensohns Stellvertreterin Jennifer Kickert als Klubchefin installieren will, heißt es in grünen Kreisen.

Zusätzlich wollen die Grünen mehr Jobs in der zweiten Reihe, z. B. in der Holding. Damit kann die SPÖ leben, aber: „Man kann nicht wegen der Grünen sofort Leute entlassen. Aber man kann langfristig etwas machen“, ist zu hören.

Bei der Ressortaufteilung gehen die rot-grünen Pläne aber völlig auseinander. Da nun intern fix ist, dass (wie „Die Presse“ berichtete) Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch die Stadtregierung verlassen muss und SPÖ-Klubchef wird, sollen seine Bildungsagenden zu Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger wandern. Immerhin sei Bildung der Schlüssel zur Integration und damit alles in einer Hand, um entsprechend auf den Flüchtlingsansturm zu reagieren, ist in SPÖ-Kreisen zu hören.

Zusätzlich will die SPÖ das Verkehrsressort von Maria Vassilakou zu Umweltstadträtin Ulli Sima verschieben. Damit könnten die Grünen leben – wenn es das zweite Ressort unter ihrer Führung wäre.

Jedenfalls kursiert das Gerücht, Vassilakou könnte als Kompensation für den Verlust des Verkehrsressorts ein abgespecktes Wohnressort (ohne Gemeindebauten bzw. Wiener Wohnen) angeboten werden, das auch die Planung beinhaltet. Als Vorbild wird das Verkehrsressort genannt, bei dem Verkehrsstadträtin Vassilakou auf den öffentlichen Verkehr, also die Wiener Linien verzichten muss. Die sind nämlich bei Vizebürgermeisterin Renate Brauner angesiedelt.

Wobei die Variante mit einem abgespeckten Wohnbauressort in roten Kreisen nur als „Gerücht ohne Substanz“ bezeichnet wird. Und abgesehen davon haben die Grünen in den Verhandlungen bereits klargestellt: Eine Entmachtung komme nicht infrage, Verkehr und Planung bleibe bei Maria Vassilakou – womit Rot-Grün noch einiges zu bereden hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2015)

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