Margit Fischer: Eine Frau der kleinen Gesten

Margit Fischer.
Margit Fischer.(c) APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER (PETER LECHNER)
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Margit Fischer erzählt in ihrer Biografie von sozialdemokratischer Zeitgeschichte – und ihrem Beruf als Ehefrau des Bundespräsidenten.

Ihre Garderobe? Habe sie in den Jahren der Präsidentschaft verkleinert und auf das Praktischste konzentriert: schwarze Hosenanzüge, mit denen man im Zweifel den ganzen Tag lang richtig liegt. Dazu flache Schuhe – auch, aber nicht nur wegen eines lädierten Knöchels. So ist Margit Fischer immer sicher unterwegs – und reicht bei Staatsbesuchen schon einmal den anderen Damen in ihren Zehn-Zentimeter-Stilettos unauffällig den Arm.

Die Gewohnheit, die Margit Fischer am Sonntagvormittag in „Frühstück bei mir“ schilderte, ist bezeichnend: Sie ist eine Frau der kleinen Gesten – für die es große Aufmerksamkeit braucht. Abgesehen davon ist es natürlich unfair, hier ausgerechnet mit Mode zu beginnen. Wenig interessiert die Frau von Bundespräsident Heinz Fischer weniger. Anderes sehr: Menschen, Politik, Bildung, Weltgeschehen. Sie bestehe, schreibt sie in ihrer am Dienstag erscheinenden Biografie, darauf, vor Auslandsreisen dasselbe Dossier wie ihr Mann zu erhalten, mit Biografien, historischen Abrissen, Wirtschaftszahlen und einer Schilderung der aktuellen Situation im Gastland. „Small Talk mit Persönlichkeiten wie dem chinesischen Staatspräsidenten, dem Generalsekretär der UNO, mit Schimon Peres oder mit Nobelpreisträgern wäre mir nie in den Sinn gekommen und hätte mir wenig Freude gemacht.“

Wer ist die Frau, die Österreich seit bald zwölf Jahren an der Seite ihres Mannes repräsentiert – obwohl es ihre Position weder in Sprache noch Verfassung gibt? First Lady sei sie jedenfalls keine, betonte sie wiederholt. Selbst in ihrer Biografie kommt sie erst spät auf sich selbst zu sprechen. Vielmehr beginnt sie mit den Familiengeschichten, die sie prägten – und die österreichische Zeitgeschichte widerspiegeln. Die Mutter war Küchenhilfe auf Schutzhütten im Salzburgischen und Kellnerin im Salzburger Stieglbräu, ihr Vater, Otto Binder, stammte aus dem assimilierten jüdischen Kleinbürgertum. Als 28-Jähriger wurde er ins KZ verschleppt, ehe er nach Schweden emigrieren konnte. „Damit erzählt mein Leben auch ein Kapitel europäischer Exilgeschichte“, schreibt Fischer, die in Stockholm geboren wurde.

Sozialdemokratisches Milieu

Ihr Vater brachte es später bis zum Generaldirektor der Wiener Städtischen und zum Aufsichtsratspräsidenten der AUA, wollte aber nie, wie sein Exil-Kollege Kreisky, politisch in die erste Reihe. Es sei jedenfalls ein sozialdemokratisches Milieu gewesen, so Fischer, „das es heute in dieser Form nicht mehr gibt.“ In diesem Milieu sei es für sie als junge Frau auch „fast unmöglich“ gewesen, ihrem späteren Mann in Wien an der Wende von den 1950er- zu den 60er-Jahren nicht zu begegnen. „Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich Heinz das erste Mal bewusst wahrgenommen, als er in der Gruppe Döbling des Verbandes Sozialistischer Mittelschüler, dem ich gemeinsam mit Peter Kreisky angehörte, einen Vortrag hielt.“ Die Karriere freilich blieb – im Einvernehmen – ihm vorbehalten. „Irgendwie“, schreibt Fischer, „gehöre ich einer Zwischengeneration an: Aufgewachsen und familiär durchaus schon geprägt von den Ideen und Forderungen der Emanzipationsbewegung, die aber politisch noch nicht durchgesetzt und für mich im Alltag noch nicht lebbar waren.“ Und: „Für mich und mein Selbstverständnis war es nicht immer einfach, meinen Weg zu gehen.“

Die Freiheiten, die seither errungen wurden, sie seien nicht selbstverständlich. Das, sagt die Präsidentin des von ihr mitbegründeten Frauenrats, wolle sie bewusst machen. Und ermuntert, weiter zu kämpfen, etwa für eine neue Teilzeitkultur. Vieles, was ihre Generation erkämpft habe, habe einst auch utopisch geklungen. Kritik äußert Fischer nur sanft. „Wenn ich darüber nachdenke, was wir aus der Geschichte lernen können“, schreibt sie, „frage ich mich als jahrzehntelange politische Beobachterin aus der zweiten Reihe oft auch eines: Wann haben Politikerinnen und Politiker überhaupt noch Zeit, in Ruhe nachzudenken?“

Termin

Margit Fischer wurde 1943 in Stockholm geboren und ist seit 1968 mit Heinz Fischer verheiratet. Ihre Biografie „Was wir weitergeben“ (Brandstätter) wird am Dienstag präsentiert. Am Mittwoch: Buchpremiere bei Thalia, 19 Uhr, Landstraßer Hauptstraße. Sonntag, 15. 11., 13.30 Uhr Lesung auf der Buch Wien, Halle D.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2015)

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