Neues Fremdenrecht: Anklage reicht für Abschiebung aus

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Die Novelle des Fremdenrechts sieht unter anderem vor, dass eine Anklage des Staatsanwalts reicht, dass Asylwerber abgeschoben werden können. Außerdem soll das Alter von Asylwerbern per Röntgen festgestellt werden.

ÖVP-Innenministerin Maria Fekter hat die neue Fremdenrechtsnovelle vorgestellt, mit der sie Österreich "zum sichersten Land der Welt" machen will. Diese enthält einige Erleichterungen, etwa dass Familienmitglieder nicht mehr bestraft werden, wenn sie illegalen Einwanderer bei ihrem Aufenthalt in Österreich helfen. Die Novelle bringt aber einige deutliche Verschärfungen für Asylwerber:

Asylstatus schützt nicht vor Abschiebung

Straffällig gewordene Asylwerber sollen schneller abgeschoben werden können.
Künftig kann schon ein beschleunigtes Verfahren eingeleitet werden, wenn der Staatsanwalt nur Anklage erhoben hat. Derzeit ist eine Verurteilung notwendig.

Auch der bereits erlangte Asylstatus soll nach den Plänen der Innenministerin nicht unbedingt vor Abschiebung schützen. Nach einer Straftat, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, soll nämlich ausgewiesen werden können, wenn die Asylgründe nicht mehr vorliegen. Gleiches gilt für subsidiär Schutzberechtigte, also Personen, denen zwar kein Asyl zusteht, die aber aus anderen Gründen nicht abgeschoben werden können.

Nach fünf Jahren gilt außerdem für straffällig gewordene Asylwerber keine sogenannte „Aufenthaltsverfestigung“: Ihnen kann dann auch noch nach fünf Jahren der Asylstatus aberkannt werden.

Alter wird mit Röntgenstrahlen ermittelt

Künftig soll das Alter von Asylanten auch per Röntgenstrahlen festgestellt werden können. Konkret geht es Fekter hier darum zu verhindern, dass sich Asylwerber mit gefälschten Dokumente als Jugendliche ausgeben, die ein erleichtertes Verfahren erwarten dürfen. Verschärft wird zudem die Mitwirkungspflicht des Fremden etwa bei der Beschaffung von Dokumenten.

Asylwerber müssen im Bezirk bleiben

Eingeschränkt wird nach den Plänen der Innenministerin der Bewegungsfreiraum für Asylwerber, wenn sie sich noch im Zulassungsverfahren befinden. Sie dürfen sich während der gesamten Prüfung, ob in Österreich ein Asylverfahren durchzuführen ist, nur im zuständigen politischen Bezirk aufhalten. Bisher war diese Beschränkung maximal 20 Tage möglich.

Neu eingeführt wird eine Meldepflicht für Asylwerber im Zulassungsverfahren, wenn sich eine negative Entscheidung über den Antrag abzeichnet. Um ein Untertauchen zu verhindern, müssen sich Betroffene regelmäßig bei der Polizei melden. Sind sie in einer Betreuungseinrichtung untergebracht, so wird die Meldepflicht verletzt, wenn sie dort in einem Zeitraum von 48 Stunden nicht anwesend sind. In dem Fall droht eine Verwaltungsstrafe.

Mehr Schubhäftlinge geplant

Häufiger angewendet werden dürfte in Zukunft die Schubhaft. Die Tatbestände, wegen denen diese Mittel verhängt werden kann, sollen "adaptiert" werden. Was das genau bedeutet, sagte Fekter nicht. Kapazitäten, um mehr Schubhäftlinge aufzunehmen, seien jedenfalls vorhanden, verwies die Ministerin darauf, dass die Zahl der Schubhäftlinge seit 2006 von gut 8.700 auf knapp 5.400 im Vorjahr gesunken sei. Noch dazu ist ja weiter ein großes Schubhaftzentrum geplant. Fekter will dieses in Leoben errichten, fix ist aber noch nichts, da sich seitens der Bürger von Leoben Widerstand regt.

Dublin-Beschwerdefrist verkürzt

Als besonderes Problem haben sich nach Angaben der Innenministerin und des Leiters des Bundesasylamts Manfred Taucher in den vergangenen Monaten die so genannten Dublin-Fälle sowie Folgeanträge erwiesen. Dublin-Fälle sind jene, wo ein anderer EU-Staat für das Verfahren zuständig ist, weil der Asylwerbende nachweislich über dieses Land in die Union eingereist ist.

Beim Dublin-Verfahren soll eine Beschleunigung erwirkt werden, indem die Beschwerdefrist auf eine Woche reduziert wird. Über das Dublin-Verfahren wurden heuer in den ersten vier Monaten 540 Personen außer Landes gebracht. Im Vergleich dazu: 778 Personen wurden normal abgeschoben, 505 wieder über die Grenze zurückgeschickt. Die größte Gruppe sind aber die freiwilligen Heimkehrer, nämlich rund 1.650 Personen.

Asylamt kann Abschiebeschutz aufheben

Folgeanträge sind Anträge, die dazu dienen, mittels eines weiteren Ansuchens eine Abschiebung zumindest herauszuzögern, nachdem die Instanzen bereits negativ entschieden haben.

Was sich nun ändert ist, dass das Bundesasylamt den faktischen Abschiebeschutz aufheben kann, wenn eine aufrechte Ausweisung besteht. Den Sanktus geben muss dann noch die zweite Instanz, der Asylgerichtshof. Dann kann das Verfahren auch in Abwesenheit des Asylwerbers abgewickelt werden.

Eingezogen wird auch eine Art Last-Minute-Verfahren. Wird der Folgeantrag innerhalb von zehn Tagen vor der Abschiebung eingebracht, gibt es grundsätzlich keinen Schutz mehr außer in bestimmten subjektiven Ausnahmefällen. Kommt der Antrag zwei Tage vor der Abschiebung, wird nur noch "objektiv" geprüft. Das heißt im Klartext: Es wird abgeschoben, wenn nicht im Herkunftsland z.B. ein Bürgerkrieg ausbricht.

Erleichterungen für Angehörige

Einige Passagen des Fremdenrechtspaketes bringen freilich auch Erleichterungen für bestimmte Gruppen. So können subsidiär Schutzberechtigte nach fünf Jahren einen Daueraufenthaltstitel erwerben. Bisher ist der Modus so, dass bei nicht abschiebbaren Personen nur von Jahr zu Jahr entschieden wird, ob sie weiter in Österreich bleiben dürfen.

Eine viel kritisierte Regelung betreffend die Unterstützung von illegalen Einwanderern durch Familienmitglieder wird aufgehoben. Sie sind künftig straffrei. Dafür werden Fremde straffällig, wenn sie eine Scheinehe - im Beamtendeutsch Aufenthaltsehe - eingehen. Bisher wurde nur der österreichische Staatsbürger in diesen Fällen belangt.

Staatsbürgerschaft für Adoptivkinder

Kleine Erleichterungen gibt es auch, was das Staatsbürgerschaftsrecht betrifft. So ist es künftig wieder möglich, an ein im Ausland lebendes minderjähriges Adoptivkind die Staatsbürgerschaft zu verleihen, ohne eine Niederlassung in Österreich einzufordern. Freuen dürfen sich auch Diplomaten. Heiraten sie einen ausländischen Partner und leben mit ihm außerhalb Österreichs in aufrechter Ehe, erhält die Ehefrau oder der Ehemann den österreichischen Pass.

Noch nichts wird es mit den von Fekter geplanten eigenen Tatbeständen, was "Kulturdelikte" bzw. den Straftatbestand "Identitätsbetrug" betrifft. Hier sei man mit dem zuständigen Justizministerium in Gesprächen.

Ablehnung der Opposition

Das BZÖ und die FPÖ lehnen lehnt die vorgelegte Novelle zum Fremdenrecht ab. Die darin enthaltenen Bestimmungen seien "zu wenig weitreichend", erklärte BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz und wörtlich auch FPÖ-Chef Heinz Christian Strache.  Fekters Vorstellungen würden eine "Einladungskarte erster Klasse" für alle Asylsuchende darstellen, nach Österreich zu kommen.

Die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun, kritisierte hingegen kritisiert, dass eine pauschale Vorverurteilung von Asylwerbern keine Straftaten verhindere.

Fremdenrecht soll 2010 in Kraft treten

Als Rückendeckung hatte sich die Innenministerin zur Vorstellung des Gesetzesentwurfes Helmut Leiss, den Chef der Bezirkshauptmannschaft Baden, in dem sich das Flüchtlingslager Traiskirchen befindet, geholt: „Das größte Problem, das wir haben, ist, dass Asylwerber, die vor der Beendigung ihres Verfahrens stehen, irgendwann verschwinden.“

Das Fremdenrechtspaket geht dagegen bereits jetzt in Begutachtung, wo es auch sechs Wochen bleiben soll. Im September stehen Beschluss im Ministerrat und parlamentarische Beratungen an. In Kraft treten soll das Paket mit 1. Jänner kommenden Jahres. Eile sieht Fekter geboten. Immerhin ist die Zahl der Asylanträge entgegen dem Trend der vergangenen Jahre heuer in den ersten fünf Monaten um 37 Prozent angestiegen.

(APA/Red.)

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