Bank Austria: Alles auf dem Prüfstand

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Während die Gewerkschaft Widerstand gegen den Verkauf des Privatkundengeschäfts ankündigt, beginnt bei der Bank Austria die Zeit der harten Verhandlungen.

Wien. Bank-Austria-Chef Willibald Cernko meldet sich nicht zu Wort. Während Gewerkschaftler, Politiker und Finanzexperten den sogenannten Kahlschlag bei der UniCredit und deren Österreich-Tochter Bank Austria ausgiebig diskutieren und bewerten, herrscht in der Bank-Austria-Zentrale Funkstille. Und das aus gutem Grund, wie es hinter vorgehaltener Hand heißt. Denn offenbar gibt es aus Mailand zwar eine Zielvorgabe – wie diese allerdings erreicht werden kann, das obliegt der Bank Austria selbst.

Mit anderen Worten: Cernko und sein Team dürfen selbst zwischen Pest und Cholera wählen. Zwischen einem Verkauf des Privatkundengeschäfts und einem radikalen Sanierungsplan, dem Dutzende Filialen, Abteilungen und vor allem hunderte weitere Mitarbeiter zum Opfer fallen werden. Derzeit sei „alles auf dem Prüfstand“.

Bis Anfang Dezember, so heißt es, soll klar sein, welchen Weg die größte österreichische Bank einschlagen wird. Und wie viele der fast 10.000Beschäftigten künftig keinen Job mehr haben werden.

Es solle niemand glauben, dass die Bank Austria ohne Widerstand der Gewerkschaft das Privatkundengeschäft verkaufen könnte, tönte bereits am Mittwochabend Wolfgang Katzian. Der Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten erinnerte an die „sehr, sehr starken Gestaltungsmöglichkeiten“ des Betriebsrats. Dieser sei schließlich mit einer Reihe von Sonderrechten ausgestattet. Ein – zuletzt kolportierter – Verkauf an die Bawag könnte am Veto des Betriebsrats scheitern.

Allerdings glaubt mittlerweile kaum noch ein mit der Materie vertrauter Experte an diese Lösung. Vielmehr sei dieser Verkauf vor allem als Einschüchterungsversuch zu werten. Katzian nennt es einen Erpressungsversuch, damit die Arbeitnehmer „gefügig werden“.

Für die UniCredit, die elftgrößte Bank der Welt, ist Österreich wohl nur ein Nebenschauplatz. Das Mailänder Bankhaus will bis 2018 ca. 1,6 Milliarden Euro einsparen und 18.200 Arbeitsplätze streichen. „Was mich bei diesem Plan wundert, ist, dass er erst jetzt kommt“, sagt Luigi Guiso, Finanzprofessor im Einaudi Institute for Economics and Finance, und fügt hinzu: „Erst neun Jahre nach der großen Krise wird radikal umgebaut, zentralisiert, integriert.“ Ein Attest, das nicht nur auf Mailand, sondern wohl auch auf Wien umzumünzen ist. Andere Institute, auch in Italien, hätten diese Kehrtwende viel früher eingeleitet, meint Guiso.

Frühpensionierungen in Italien

Und so fiel das Dilemma auch noch schlimmer als ursprünglich befürchtet aus. UniCredit-Chef Federico Ghizzoni will allein in Italien 3200 Stellen streichen, also um 500 mehr als ursprünglich kolportiert. Der Konzernchef sprach von einer „realistischen und selbstfinanzierenden“ Strategie. Genau diese Strategie wird andernorts allerdings vermisst. „Einfach unrentable Geschäfte abzustoßen, wie zum Beispiel das Leasinggeschäft in Italien, ist zu kurz getreten“, meint etwa Marco Salvi von der Gewerkschaft Cgil-Fisac.

Dieser Kritik begegnete UniCredit-Chef Ghizzoni mit einem Investitionsplan. Er will nämlich auch 4,5 Milliarden Euro investieren, etwa in die Digitalisierung. Und auf diesem Gebiet sollen sogar neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies alles ändert aber nichts am größten Problem der Bank: dem Schuldenberg, den das Institut seit vielen Jahren vor sich herschiebt. „Wir sprechen von 70 bis 80 Milliarden Euro“, sagte Gewerkschafter Guido Diecidue.

Trotz allem ist der Aufschrei der italienischen Gewerkschafter relativ verhalten. Das liegt wohl daran, dass die meisten Arbeitsplätze in Form von Frühpensionierungen abgebaut werden. Eine Vorgangsweise, die bei der Hypo-Vereinsbank (HVB) in München nicht zur Disposition steht. In den kommenden drei Jahren sollen 1200 Jobs gestrichen werden. „Nur mit Umschichtungen werden wir nicht hinkommen“, sagte HVB-Vorstandschef Theodor Weimer am Donnerstag.

Die Gewerkschaft ver.di tobt. Klaus Grünewald, Gewerkschafter im HVB-Aufsichtsrat, sprach von einem „unternehmerischen Risiko, das eine Todesspirale nach unten bringt“. Zumal bei der HVB in den vergangenen Jahren schon enorme Kostensenkungen vorgenommen wurden. In den Filialen wurden viele Stellen abgebaut. Nun ist die Zentrale dran. (gh/afa.)

AUF EINEN BLICK

Die UniCredit baut 18.200 Arbeitsplätze ab. Auch die Österreich-Tochter Bank Austria ist betroffen. Nachdem bekannt geworden ist, dass die Osteuropa-Holding von Wien nach Mailand übersiedelt, soll bis Dezember die Zukunft des Privatkundengeschäfts geklärt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2015)

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