Das eigene Gesicht auf der Briefmarke

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Über ein Onlineportal können Briefmarkenfans ihr eigenes Markenmotiv gestalten. Beliebt sind Bilder von Geburtstagskindern, Jubilaren und Tieren – aber auch Eisenbahnen.

Wien. Weder E-Mail, SMS oder WhatsApp haben der Briefmarke den Garaus machen können. Das kleine Rechteck haftet am kulturellen Kommunikationswesen. Verantwortlich dafür sind unter anderem findige Philatelisten, die mit frischen Produktideen die Briefmarke am Leben erhalten. Einer von ihnen ist Günter Schmied. Der Leiter des Produktmanagements in der Philatelie-Abteilung der Österreichischen Post verantwortet nicht nur die Auflagen immer neuer Sondermarken, seine Abteilung bietet seit einigen Jahren auch personalisierte Briefmarken an. Über ein Onlineportal können Freunde des frankierbaren Vierecks nach eigenen Wünschen das Motiv hochladen, sie können Hoch- oder Querformat wählen und auch Text auf ihrer persönlichen Briefmarke platzieren.

„Nur der Rahmen, die Aufschrift ,Österreich‘ und die Wertangabe werden von uns vorgegeben. Ansonst sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt“, sagt Schmied.
Wobei es eher heißen müsste: fast keine Grenze gesetzt. Denn rechtsextreme oder pornografische Motive lässt die Post nicht auf ihre Briefmarken drucken. Auch alles, was gegen die guten Sitten verstoße, würde laut Schmied von der hauseigenen Kontrolle herausgefischt, bevor es bei der Österreichischen Staatsdruckerei produziert wird. Da komme es immer wieder vor, dass man in einem Graubereich agieren müsse. Aber: „Das betrifft vielleicht drei Marken im Jahr.“

Eine verschwindende Anzahl bei einem jährlichen Auftragsvolumen von 4000 Bestellungen und 750.000 gedruckten Einzelexemplaren. Mindestens 100 Stück der personalisierten Marken müssen abgenommen werden, damit sie in Druck gehen können. Zu Beginn der Aktion, im Jahr 2004, lag die Mindestabnahmemenge noch bei 200 Stück. „Aber es hat sich gezeigt, dass sogar die Sammler inzwischen weniger Exemplare haben wollen. Dem haben wir Rechnung getragen“, sagt Schmied. Insgesamt würde der Briefmarkt jährlich um drei Prozent zurückgehen, das schlage sich auch auf die Briefmarkenproduktion nieder.
Dass es sich bei der Philatelie um keinen Wachstumsmarkt handelt, suggeriert auch die Altersstruktur der Kunden. Schmied teilt die Stammkäufer in zwei Gruppen ein: „Die eine besteht aus Abonnenten, die uns seit Jahren begleiten und eher an den Sondermarken interessiert sind. Da liegt der Altersschnitt bei etwa 65. Die andere Gruppe sind die professionellen Sammler, da liegt der Schnitt etwas darunter. Da sage ich ganz optimistisch: bei 50 Jahren.“ Interesse sei trotz der sinkenden Abozahlen aber immer noch da, befeuert eben auch durch neue Angebote wie die personalisierten Briefmarken. Diese werden zu 80 Prozent von Privatkunden bestellt, die restlichen Aufträge stammen von Firmen. Was die beliebtesten Motive betrifft, mögen es die Philatelisten recht klassisch: „Hochzeit, Geburtstag oder Jubiläen liegen ganz vorn, oft gewählt werden auch Tiermotive und interessanterweise Eisenbahnen“, sagt Schmied. Ob zwischen Briefmarkensammlern und Hobbylokführern eine Schnittmenge besteht, kann nur vermutet werden.

Sicher hingegen ist, dass niemand so schnell dieses Geschäft der Post wird streitig machen können. Während in den USA etwa Online-Start-ups die Aufgabe übernehmen, hält die heimische Post das Monopol über die Briefmarkenherstellung. „Nur wir dürfen Briefmarken mit dem Aufdruck ,Österreich‘ herstellen lassen. Es gibt keine private Konkurrenz“, sagt Schmied. Niemand sonst außer der Post kann bei der Staatsdruckerei den Druck von frankaturgültigen Briefmarken – so der Fachjargon – in Auftrag geben. In der Staatsdruckerei werden alle Briefmarken übrigens auch mit einem Sicherheitsmerkmal versehen, das der Fälschung vorbeugen soll: einem Postlogo, das unter UV-Licht sichtbar wird.

Auf Urheberrecht achten

Weniger mit Fälschungen, aber dafür mit dem Urheberrecht muss sich Schmied manchmal bei den Aufträgen seiner Kunden für personalisierte Briefmarken beschäftigen. Auch das müsse nämlich beachtet werden, wenn die Selbstkleber in großer Stückzahl produziert werden. „Wenn jemand beispielsweise den Coca-Cola-Schriftzug auf seiner Briefmarke haben will, muss zunächst der Nachweis erbracht werden, dass man auch über die Rechte verfügt“, sagt Schmied. Auch wenn Motive wie der Bundespräsident oder das Staatswappen gewünscht werden, müsse das „schon hinterfragt“ werden. Damit diesbezüglich nichts schiefgeht, kann Schmied auf ein erfahrenes Team bauen, das Motive freigibt, ohne sich „in die Nesseln zu setzen“. In schwierigen Fällen wird die Rechtsabteilung der Post zu Hilfe gerufen.

Ist diese Idee also der neue Marktlückenfüller für die Post? „Sicher, die abnehmenden Abozahlen lassen sich nicht kompensieren. Aber Produkte wie die personalisierte Marke fangen zumindest ein wenig davon auf“, sagt Schmied.
Der Briefmarke traut er noch einiges an Beständigkeit zu. „Sie lebt nicht zuletzt auch aus Sentimentalität weiter. Sondermarken aus Kunst und Kultur, Klimt, Schiele, Hundertwasser – da wird nach wie vor ein Stück Österreich mittransportiert.“

Auf einen Blick

Gestalten. Über den Online-Shop der Post (onlineshop.post.at) können Briefmarkenfans ihre eigene Marke gestalten. Dafür gibt es ein Online-Tool, mit dem ein gewünschtes Foto hochgeladen werden kann. Die Marke kann sowohl in Hoch- als auch Querformat gedruckt werden. Bereits gedruckte personalisierte Marken sind auch auf der Seite zu sehen.

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