Attentäter: Warum es keine Spur nach Österreich gibt

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Ob einer der Pariser Attentäter durch Österreich gereist ist, weiß man nicht. An der Grenze werden de facto keine Daten aufgenommen.

Wien/Paris. Ob der Pass gestohlen, gekauft oder gefälscht ist, steht nicht fest. Doch einer der Pariser Attentäter soll mit syrischen Papieren über die Balkan-Route nach Frankreich gekommen sein. Als Flüchtling getarnt. Seinen Weg zu rekonstruieren ist schwierig – denn Ungarn und Österreich nehmen an Grenzübergängen großteils keine Daten auf. Daher kann auch nicht bestätigt oder ausgeschlossen werden, dass einer der Attentäter über Österreich weitergelangt ist.

1. Was weiß man über den Attentäter, neben dem ein syrischer Pass lag?

Wer er wirklich war, weiß man nicht. Doch die Fingerabdrücke von der Person, die am 3. Oktober als vermeintlicher Flüchtling aus Syrien unter dem Namen Ahmad al-Mohammad auf der griechischen Insel Leros registriert worden ist, zeigen laut Angaben der französischen Staatsanwaltschaft „Übereinstimmungen“ mit jenen des Selbstmordattentäters auf, der sich vor dem Stade de France in die Luft gesprengt hat. Sicher scheint, dass der in der Ägäis von einem in Seenot geratenen Flüchtlingsschiff gerettete Mann mit gefälschten Papieren auf der Balkanroute in Richtung Paris unterwegs war. Die Ermittlungen konzentrieren sich auch darauf, mit wem der Attentäter unterwegs war.

2. Welche Länder hat der Attentäter also durchquert?

Serbiens Innenministerium hat bestätigt, dass der Mann am 7. Oktober nach der Einreise von Mazedonien in Preševo registriert wurde. Einen Tag später wurden ihm bei der Registrierung im kroatischen Durchgangslager Opatovac erneut die Fingerabdrücke abgenommen, und der Mann wurde fotografiert. Dann verliert sich die Spur.

3. Was kann Österreich bei der Aufklärung zur Reiseroute beitragen?

Aus Mangel an Daten wenig. Ist der Mann über die damals übliche Flüchtlingsroute nach Paris gereist, dürfte er nach Kroatien über Ungarn nach Österreichs eingereist sein, konkret über das burgenländische Nickelsdorf (oder Heiligenkreuz). Österreich hat dort aufgrund der großen Anzahl an Menschen keine Flüchtlinge registriert, wie der „Presse“ bereits Ende September bestätigt wurde. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn ein Sprecher des Innenministeriums sagt, dass es keine Anhaltspunkte gebe, dass der Attentäter durch Österreich gereist sei. Der Mann könnte theoretisch sogar seitens der österreichischen Behörden mit Bussen nach Deutschland weitergebracht worden sein.

4. Werden derzeit Transitflüchtlinge in Österreich registriert?

Heute ist das steirische Spielfeld quasi das neue Nickelsdorf. Und auch dort werden Flüchtlinge nicht registrieren. „Wir haben 2000 Menschen in der Versorgungsstelle, 3500 warten in Slowenien“, sagt ein Sprecher der steirischen Polizei am Montag auf „Presse“-Anfrage. Daten aufzunehmen sei unmöglich. Allerdings macht man darauf aufmerksam, dass die meisten Flüchtlinge bereits in Slowenien registriert wurden – oder in einem anderen Schengen-Land. Nur wenn ein Flüchtling um Asyl ansucht, wird er auch registriert.

5. Wäre Österreich verpflichtet, Transitflüchtlinge zu registrieren?

Laut Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, nicht. Zumindest, wenn man von der offiziellen Registrierung samt Fingerabdruck in das Dublin-System Eurodac ausgeht. Dies sei nur an der Schengen-Außengrenze verpflichtend vorgesehen – oder, wenn ein Asylantrag in Österreich gestellt werde. Nicht aber bei einer geplanten Weiterreise nach Deutschland. Außerdem stelle sich hier die Frage der Verhältnismäßigkeit. Kogler: „Wir werden keine Waffengewalt anwenden, um jemanden zu registrieren.“

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2015)

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