Fußball: In den Stadien geht die Angst um

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AUSTRIA SOCCER FRIENDLY(c) APA/EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT (JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
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Der ÖFB erhöhte vor dem Spiel gegen die Schweiz heute Abend im Happel-Stadion die Sicherheitsvorkehrungen. „Was in Paris passiert ist, kann jederzeit auch in Wien passieren.“

Wien. Nach den Anschlägen in Paris hält die Fußballwelt den Atem an. Die Szenen im und rund um das Stade de France, das Freitagabend Schauplatz des Länderspiels zwischen Frankreich und Deutschland war, haben sich in das Gedächtnis eingebrannt. Es herrscht Betroffenheit, Sorge, Angst. Und spätestens jetzt wird die Frage laut gestellt, ob Frankreich nächsten Sommer eine sichere Bühne für die Europameisterschaft gewährleisten kann.

Der ehemalige französische Stürmerstar Just Fontaine, bei der WM 1958 Rekordtorschütze, war einer von 80.000 Zuschauern im Stade de France, als die Anschlagsserie begann und sich vor dem Stadion drei Attentäter in die Luft sprengten. „Ich hatte noch nie so eine Angst, das ging sicher allen im Stadion so“, sagte der 82-Jährige und äußerte seine Bedenken bezüglich der EM. „Es bricht mir das Herz bei dem, was ich jetzt sage, zumal ich mich so sehr auf die Europameisterschaft gefreut habe, aber ich denke, Frankreich sollte auf das Championat verzichten“, bemerkte Fontaine gegenüber der Zeitung „Die Welt“. Er habe „große Angst davor, dass sich der schwarze Freitag wiederholt“, Frankreich könne als Gastgeber die Sicherheit nicht garantieren. „Es ist einfach zu gefährlich. Glauben Sie etwa, dass künftig wieder Menschen ins Stade de France gehen werden?“

Wenn heute Abend die letzten Länderspiele des Jahres absolviert werden, dann gilt allerorts erhöhte Alarmbereitschaft. In Brüssel empfängt der Weltranglistenerste Belgien Europameister Spanien, der sportliche Stellenwert dieser hochklassigen Begegnung rückt dabei völlig in den Hintergrund. Einige der mutmaßlichen Attentäter von Paris haben in Brüssel gelebt, der Stadtteil Molenbeek gilt als eine Hochburg der Islamisten. „Spanien spielt in der europäischen Brutstätte des Jihadismus“, titelte die Madrider Zeitung „El Pais“. Die Spieler begleitet ein mulmiges Gefühl. „Das sind schwierige Augenblicke“, sagte Spaniens Innenverteidiger Marc Bartra.

Der Fußball als Ziel des Terrors

Auch in London (England – Frankreich) und Hannover (Deutschland – Niederlande) sind die Bedenken und Sicherheitsvorkehrungen groß, ebenso bereitet man sich in Wien vor dem heutigen freundschaftlichen Länderspiel zwischen Österreich und Schweiz (20.45 Uhr, live in ORF eins) auf einen etwaigen Ernstfall vor. Montagvormittag kam es zu einem kurzfristig einberufenen Sicherheitsmeeting. „Wir wollen nichts verharmlosen, dürfen aber auch nicht dramatisieren“, sagte Bernhard Neuhold, ÖFB-Direktor für Finanzen und Organisation, bei einer Pressekonferenz im Ernst-Happel-Stadion.

Die Ereignisse von Paris haben den Fußball in seinen Grundfesten erschüttert, „er ist als erklärtes Ziel des Terrors auserkoren“, bemerkte Neuhold, der sich keinen Illusionen hingeben möchte. „Das, was in Paris passiert ist, kann jederzeit auch in Wien passieren.“ Denn eine hundertprozentige Garantie für sichere Abläufe „gibt es nie“.

Zwar besteht für das Spiel heute Abend keine konkrete Terrorbedrohung, dennoch werden die Maßnahmen verschärft. So wurde das Stadion nach den Abschlusstrainings am Montag mit Hundeführern abgeriegelt und überwacht. Zusatzpatrouillen sollen verhindern, dass sich Unbefugte Zutritt verschaffen. Die Kontrollen beim Einlass werden nochmals verstärkt, der ÖFB bittet um Geduld und rechtzeitiges Erscheinen, die Drehkreuze können ab 18.45 Uhr passiert werden. Bislang wurden 25.000 Karten abgesetzt, in den vergangenen drei Tagen stockte der Verkauf – verständlich. Mannschaften und Schiedsrichterteam werden mit Trauerflor auflaufen, auf den sonst üblichen Radetzkymarsch wird verzichtet, es wird eine Schweigeminute abgehalten.

Österreichs Nationalteam ist ob der schwierigen Rahmenbedingungen um Normalität bemüht. Nach sechs Siegen und einem Unentschieden 2015 möchte man das Jahr ungeschlagen beenden. Teamchef Marcel Koller: „Wir sind auf Sieg eingestellt.“

MÖGLICHE AUFSTELLUNGEN

Österreich: Özcan – Klein, Prödl, Dragović, Fuchs – Baumgartlinger, Alaba – Jantscher, Sabitzer, Arnautović – Janko.
Schweiz: Sommer – Lichtsteiner, Klose, Djourou, Moubandje – Behrami, Inler, Kasami – Shaqiri, Seferović, Mehmedi.

AUF EINEN BLICK

Österreichs Nationalteam trifft heute Abend (20.45 Uhr, live in ORF eins) zum Abschluss des Länderspieljahres in Wien auf die Schweiz. Sollte das ÖFB-Team das Spiel nicht verlieren, wäre es in allen acht Begegnungen 2015 ungeschlagen geblieben. Nach den Anschlägen in Paris rund um das Stade de France am Freitag wurden auch im Ernst-Happel-Stadion die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Bis Montagmittag waren 25.000 Karten für das Freundschaftsspiel verkauft.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2015)

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