Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt

Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.

Faymann: "Null Instrumente für Flüchtlingskrise"

puls 4
(c) Screenshot Puls 4
  • Drucken

Kanzler Faymann warnte in der Puls4-Sendung „Pro & Contra“ davor, sich vor Terroristen zu fürchten. Vizekanzler Mitterlehner forderte von der EU Solidarität in der Asylfrage. Einen Zaun um Österreich lehnten beide ab.

Immer einen Schritt vor Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wollte er anfangen: Nicht erst bei der Bildung müsse angesetzt werden, um eine erfolgreiche Integration zu gewährleisten, sondern schon bei der „Teilhabe an den gesellschaftlichen Prozessen“, um eine Ghettoisierung zu verhindern, betonte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Im Kampf gegen den Terrorismus seien nicht nur die Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen und eine internationale Kooperation nötig, wie vom SPÖ-Chef gefordert, sondern, so der Wirtschaftsminister, man müsse bereits davor beim „Wertesystem anknüpfen und Rechtsstaatlichkeit vermitteln“.

Abseits dieser Reihenfolge strahlte die rot-schwarze Regierungsspitze am Montagabend in einer Sonderausgabe des Puls4-Formats „Pro & Contra“ weitgehend Eintracht aus – zumindest während der ersten 25 Minuten der Diskussionssendung. Diese waren den Terroranschlägen in Paris gewidmet, die Mitterlehner als „Kriegserklärung gegen einen freie Gesellschaft“ verurteilte. Faymann ergänzte: „Das Wichtigste ist, dass man sich nicht vor Terroristen fürchtet.“ Auch warnte der Kanzler davor, „Flüchtlinge für Terrorakte verantwortlich zu machen – die fliehen ja vor dem Terror“. Vielmehr brauche es eine Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen sowie die Überwachung von verdächtigen Personen.

Von Puls4-Infochefin Corinna Milborn und „Kurier“-Chefredakteur Helmut Brandstäter auf die Folgen der Anschläge in Frankreich angesprochen, verwies Faymann auf das Ergebnis der letzten Syrien-Konferenz in Wien. „Bis Mitte nächsten Jahres soll eine Art Übergangsregierung stehen“, so der Kanzler. Mitterlehner hielt ebenfalls fest: „Jetzt geht man ziemlich stark den militärischen Weg, aber der alleine ist keine Lösung.“

„Freunde, so wird das nicht weitergehen“

Den thematischen Schnitt brachte ein kurzer Videobeitrag, der die aktuellen Flüchtlingsströme, die nach Europa ziehen, thematisierte. Faymann ärgerte sich über das gewählte Bildmaterial: „Mehr als 400.000 Menschen sind bisher durch Österreich gereist, die 67.000, die geblieben sind, entsprechen den Vorhersagen“ und seien damit „schaffbar“. Allerdings nicht alleine. „Es kann nicht sein, dass Deutschland, Schweden, Österreich und die Niederlande das alles schultern.“ Die Lösung, der auch Vizekanzler Mitterlehner zustimmte: Solidarität. Konkret: Kontrollen an den EU-Außengrenzen gepaart mit einem EU-weiten Verteilerschlüssel.

Ob auch ein Zaun rund um Österreich die Situation bessern könnte? Die Koalitionspartner verneinten. Niemand wolle sich abschotten. Die bei Spielfeld geplante 3,7 Kilometer lange „bauliche Maßnahme“ diene lediglich dazu, in „Drängzeiten“ Kontrolle und Organisation sicherzustellen. Und, um ein Signal an die übrigen EU-Staaten zu senden. Mitterlehner: „Freunde, so wird das nicht weitergehen.“ Ein „Drosseln“ im Sinne von „Abschrecken durch Unmenschlichkeit“, wolle niemand, wand Faymann prompt ein – und sorgte damit für die lauteste Sequenz der knapp zweistündigen Debatte. Dass ein Zaun Flüchtlinge fernhalte, sei nämlich „eine Lüge des Herrn Strache“.

Von dem im Publikum sitzenden Franz Angerer, Bürgermeister von Schärding, damit konfrontiert, dass die Bevölkerung es satt habe, stets zuzuwarten, bat Faymann um Verständnis: „Nationalstaaten geben ungern Rechte an die EU ab, daher hat die Gemeinschaft keine Werkzeuge. Wir müssen die Instrumente von null auf aufbauen.“ Eine Besserung könnte ein Übereinkommen mit der Türkei bringen, an dem derzeit gearbeitet werde.

Asylquoten: „Wir sind immer hinterher“

In puncto Unterbringungsquoten von Asylwerbern in den Bundesländern pochte Mitterlehner abschließend auf eine Änderung. „Wir müssen zu Vorhaltequoten kommen auf Basis von Berechnungen, dass man Abschätzungen hat und dann vorsorgt“, erläuterte er. Denn: „Wir sind immer auch mit dem Durchgriffsrecht hintennach, das funktioniert nicht wirklich wunderbar, deswegen sollte man das System mittelfristig umstellen.“

Zäune: Nötiges Mittel zur Grenzsicherung oder Zeichen gescheiterter Politik? Diskutieren Sie mit im Themenforum!