Budgetentwurf 2016: Kommission mahnt Österreich

Austrian Financial Minister Hans Joerg Schelling Presents Budget
Austrian Financial Minister Hans Joerg Schelling Presents Budget(c) Bloomberg (Akos Stiller)
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Die Brüsseler Behörde sorgt sich um die Nachhaltigkeit der österreichischen Sanierungsmaßnahmen.

Brüssel. Mit einem blauen Auge davongekommen ist Österreich bei der am gestrigen Dienstag präsentierten Bewertung der nationalen Haushaltspläne 2016 durch die EU-Kommissare Valdis Dombrovskis (Euro) und Pierre Moscovici (Finanzen) – die Übung ist Teil des berühmt-berüchtigten Europäischen Semesters, das darauf abzielt, finanzpolitische Entgleisungen à la Griechenland künftig zu verhindern. Die Brüsseler Behörde warnte Wien zwar vor einer „signifikanten Abweichung“ vom Budgetziel für das kommende Jahr, doch diese Warnung wurde durch den Verweis auf die anfallenden Kosten der Flüchtlingskrise relativiert. Klammere man diese aus, sei der prognostizierte Fehlbetrag nicht mehr „signifikant“, hieß es gestern in Brüssel.

Für 2016 kalkuliert die EU-Kommission mit einem strukturellen (also um konjunkturelle, saisonale und sonstige Faktoren bereinigten) Budgetdefizit von 1,0 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung – eine Verschlechterung von 0,4 BIP-Prozentpunkten gegenüber dem laufenden Jahr. Im österreichischen Haushaltsentwurf hingegen ist von einem gleichbleibenden strukturellen Defizit im Jahr 2016 die Rede. Hinzu fällt der Brüsseler Behörde ein etwas stärkerer Anstieg der Staatsausgaben auf. Die beiden Faktoren ergeben zusammen eine Abweichung von den mittelfristigen Budgetvorgaben in der Größenordnung von 0,6 Prozent des BIPs. Aufgrund der Tatsache, dass Wien für das kommende Jahr 0,16 Prozent des BIPs für die Bewältigung der Flüchtlingskrise budgetiert hat (heuer sollen es 0,08 Prozent des BIPs werden), sowie aufgrund der außergewöhnlichen Folgekosten der Finanzkrise (Stichwort Heta und Kommunalkredit) sieht die Brüsseler Behörde zwar keinen Grund zur übermäßigen Sorge – allerdings fällt der Kommission der mäßige Reformeifer der Regierung in Wien negativ auf. Vor allem bei der Finanzierung des Pensionssystems sowie bei den Einnahmen-Ausgaben-Kompetenzen von Bund und Ländern gebe es Handlungsbedarf. Summa summarum bittet die Kommission die österreichischen Regierungsstellen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass das Budget 2016 im Einklang mit dem Stabilitätspakt steht.

Neben Österreich haben auch Deutschland, Italien und Belgien in ihren Haushaltsplänen für 2016 zusätzliche Ausgaben wegen der Flüchtlingskrise in Rechnung gestellt – der Stabilitätspakt sieht die Berücksichtigung von Zusatzausgaben aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse vor. Insgesamt soll das Budgetdefizit der Eurozone von 2,4 BIP-Prozent 2014 auf 1,9 Prozent im laufenden Jahr zurückgehen. Für 2016 wird ein Fehlbetrag von 1,7 Prozent erwartet. (ag./la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2015)

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