ÖFB-Team: „Besser jetzt verlieren als bei der Euro 2016“

Teamchef Marcel Koller.
Teamchef Marcel Koller.(c) APA/EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT (JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
  • Drucken

Österreich beschloss das Spieljahr 2015 mit einer Niederlage, Teamchef Marcel Koller kann dennoch lachen.

Wien. Es war eine Niederlage in einem Testspiel, Österreichs Fußballteam unterlag der Schweiz mit 1:2. Doch davon hat sich niemand von der ÖFB-Auswahl dieses herausragende Länderspieljahr vermiesen lassen. Die Mannschaft von Marcel Koller hat sich für die Euro 2016 qualifiziert, sie steht in den Top Ten der Weltrangliste. Und dennoch, sieben Monate vor der EM in Frankreich kann dieses Ergebnis auch als Warnschuss verstanden werden. „Aus der Niederlage wollen wir vieles mitnehmen, uns weiterentwickeln und dazulernen“, sagt ÖFB-Star David Alaba. „Wir haben gesehen, dass es auf diesem Niveau sehr schnell bestraft wird, wenn wir vorn die Chancen nicht verwerten.“

Dabei haben die Österreicher das Spiel dominiert, das Geschehen gelenkt und gezeigt, dass man durchaus auch in der Lage ist, solche Partien zu „machen“, also sein Geschick munter in die eigenen Hände bzw. Füße zu legen statt ausnahmslos mauernd nur auf Fehler des Gegners zu hoffen. Wer sich aber mit einem neu entdeckten Sieger-Image schmückt, den schmerzen Niederlagen und Rückschläge doppelt. „Es wäre gelogen, wenn wir jetzt glücklich wären“, sagt der Bayern-Star. „Aber wir wollen das Positive aus dem Spiel mitnehmen – aus dem Negativen lernen.“

Bei vielen seiner Kollegen überwogen die positiven Aspekte aus den vergangenen acht Spielen. „Wir haben verloren, aber wir waren die bessere Mannschaft“, meinte Marko Arnautović. „Wir müssen uns damit zufriedengeben, dass wir das Jahr gut absolviert haben. Unser Hauptziel war die Qualifikation für die EM. Das haben wir geschafft ohne Niederlage. Darauf kann man richtig stolz sein.“

„Fehler muss man akzeptieren“

Am 12. Dezember, ab 18 Uhr, geht in Paris die EM-Auslosung über die Bühne. Mittlerweile stehen auch die Lostöpfe fest, die Erwartung der Euro-Gegner ist für Arnautović ähnlich wie die Bescherung zu Weihnachten. Die Vorfreude sei enorm, es stehe so viel auf dem Spiel, gebündelt mit Wünschen, Zielen. Man dürfe trotzdem nicht zu viel verlangen. „Wir wissen, dass wir eine schlagkräftige Truppe haben“, wirft etwa Kapitän Christian Fuchs ein. „Wir haben das Selbstvertrauen.“ Das Schweiz-Spiel sei, trotz des 1:2, Zeugnis, dessen, dass man es draufhabe.

Mit Torhüter Robert Almer, Zlatko Junuzović, Martin Harnik und Marc Janko waren mehrere Stammkräfte ausgefallen. Nach einer Minute musste auch Innenverteidiger Sebastian Prödl mit einer Wadenverletzung vom Platz. Da jedoch auch den Ersatzleuten das Konzept von Teamchef Marcel Koller geläufig sei, habe sich die Auswirkung auf das Spiel in Grenzen gehalten.

Euro: „Kleinere Auslosung wäre besser“

Koller hat sich am Mittwoch in den Urlaub verabschiedet. Erst zur Auslosung am 12. Dezember wird man ihn wieder sehen. Er wirkte nachdenklich; nicht des Resultates oder der möglichen Gegner wegen, sondern des Events. Bei der Veranstaltung in Paris spielen nach den Terroranschlägen Sicherheitsüberlegungen für ihn eine große Rolle.

Der Schweizer würde eine reduzierte Auslosungsvariante begrüßen. „Man könnte das auch in kleinerem Rahmen machen, oder im Fernsehen“, sagte Koller bei der Pressekonferenz im Happel-Stadion. „Dann müssten nicht alle vor Ort sein, das wäre vielleicht nicht so schlecht.“

Seine Teamspieler hat Koller erst im März 2016 für den nächsten Lehrgang zur Verfügung. Ob er sie mit einem mulmigen Gefühl entlassen habe? „Es ist grundsätzlich immer ein mulmiges Gefühl“, meinte der 55-Jährige. „Das war vergangene Woche so, und das wird auch in nächster Zeit so sein.“ Umso besser werde ihm der Urlaub tun, die Einstimmung darauf habe er „genossen“. Er blickte prompt in verdutzte Gesichter. Niederlagen, der Gegner sei egal, würden ihn immer ärgern. Aber besser, es geschehe jetzt als bei der EM. Und: Man kenne in Österreich nun wieder das Gefühl zu verlieren. „Was enorm wichtig ist, damit man mal auch wieder ein bisschen herunterkommt.“ (red)

ÖFB-EINSATZSTATISTIK 2015

Alle acht Länderspiele: Dragović, Klein, Arnautović (2 x ausgetauscht), Baumgartlinger (3 x)

Torschützen: 7 Janko, 3 Alaba, Arnautović, Harnik
2 Junuzović, 1 Sabitzer. Torjäger Nummer eins ist Toni Polster mit 44 Toren (95 Spiele); 8. Janko 25.

Alaba ist mit fünf verwandelten Elfern (einen in Liechtenstein vergeben) der Penalty-Schütze. Die meisten hat Harnik (4) herausgeholt.

Meiste Assists: Alaba, Harnik, Junuzović je 3.
Österreich trug bislang 742 Länderspiele gegen 70 Gegner aus, gewann 305 bei 160 Remis und 277 Niederlagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Marcel Koller
Fußball-International

ÖFB bleibt im Vertragsgespräch mit Koller geduldig

Kontaktgespräche werden geführt. Teamchef Marcel Koller zu einer möglichen Vertragsverlängerung im Frühjahr: "Das ist alles noch in der Luft."
FUSSBALL FREUNDSCHAFTSSPIEL: OeSTERREICH - SCHWEIZ
Fußball-National

Österreich verliert gegen die Schweiz

Wie schon im Vorjahr (1:2 gegen Brasilien) verlor Österreichs Nationalteam auch 2015 das letzte Spiel des Jahres. Auf sieben ungeschlagene Partien folgte ein 1:2 gegen die Schweiz.
SOCCER - AUT vs SUI, friendly match
Fußball-National

Die Lostöpfe für die EM-Gruppenphase

Die bereits fest stehenden Lostöpfe für die Gruppenauslosung der Fußball-EM 2016 in Frankreich samt zugehörigem Nationalteamkoeffizienten im Länderranking.
TRAINING DES �FB-TEAMS IN ORIHUELA BEI ALICANTE: KOLLER/JANESCHITZ
Fußball-National

ÖFB Co-Trainer: Der Mann im Schatten des Erfolgstrainers

Seit vier Jahren ist Co-Trainer Thomas Janeschitz an Marcel Kollers Seite, beide teilen eine Vorstellung vom Fußball. Der Ex-Profi schätzt die großen Führungsqualitäten des Schweizers.
ÖFB-Abschlusstraining
Fußball-International

ÖFB-Team: "Quali oder Test - wir wollen gewinnen"

Im heutigen Testspiel (20.45 Uhr) geht es für Marcel Koller gegen seine Heimat Schweiz. Drei Stammkräfte muss der Teamchef ersetzen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.