Innere Stadt: Ursula Stenzels Trennungsschmerzen

Stenzel ist seit zehn Jahren Bezirksvorsteherin im ersten Bezirk.
Stenzel ist seit zehn Jahren Bezirksvorsteherin im ersten Bezirk.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Ursula Stenzel hat den Termin der Bezirksvertretungssitzung abgesagt. SPÖ und ÖVP glauben, dass sie den Stuhl nicht freiwillig räumen wird – und bringen einen Sonderantrag ein.

Wien. Ursula Stenzel hat wirklich alles versucht, um weiterhin ihren geliebten Job als Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt ausüben zu dürfen. Nachdem sie ÖVP-intern nicht mehr gewählt wurde und gegen ihren Erzrivalen Markus Figl ausgewechselt wurde, versuchte sie ihr Glück bei der FPÖ und trat als unabhängige Kandidatin im Bezirk für sie an, schaffte aber nur Platz drei. Die ÖVP siegte mit einem hauchdünnen Vorsprung auf die SPÖ mit 25,68 Prozent.

Aber nach zehn Jahren als Bezirksvorsteherin scheint Stenzel offenbar Schwierigkeiten zu haben, ihr Büro im alten Rathaus in der Wipplingerstraße zu räumen – und den Stuhl für Markus Figl frei zu machen. Während es derzeit in allen anderen Bezirken Angelobungen von Bezirksvorstehung und Bezirksräten gibt, konnte sich im ersten Bezirk noch immer kein Termin finden – dieser wird von der amtierenden Bezirksvorsteherin vorgegeben. „Den lang geplanten Sitzungstermin am 19. November hat sie einfach ohne Begründung lapidar per Mail abgesagt“, sagt Markus Figl (ÖVP) zur „Presse.

Ursula Stenzels Assistentin Angelika Mayrhofer-Battlogg bestreitet das im Übrigen. Es habe nie einen derartigen Termin gegeben – der „Presse“ liegt das Mail an alle Parteien mit der Absage aber vor. Ein Ersatztermin wurde nicht genannt.

„Es gibt keine wie immer geartete Frist für die Übergabe, im ersten Bezirk ist noch immer so viel zu tun“, sagt Mayrhofer-Battlogg. Man denke derzeit aber einen Termin in der zweiten Dezemberhälfte an.

SPÖ und ÖVP gegen Stenzel

Figl wertet die noch nicht anberaumte Sitzung als Beweis dafür, dass Stenzel sich „mit aller Kraft an das Amt im Bezirk klammert und offensichtlich unfähig ist einzusehen, dass Demokratie auch für sie gilt“. Es herrsche Stillstand, „wir wollen jetzt endlich an die Arbeit gehen“, sagt Figl.

Die SPÖ sieht das ähnlich und fürchtet, dass Stenzel die Sitzung absichtlich zwischen den Weihnachtsfeiertagen ansetzen werde – in einer Zeit, in der kaum jemand da ist – und eine Angelobung so wieder verhindert werden könnte. Die Roten wollen Figl nun helfen, Stenzel aus dem Amt zu bugsieren. Am Montag wollen die Parteien gemeinsam einen Antrag für eine Sondersitzung einbringen – dafür ist die Unterschrift von acht Bezirksräten nötig. Ursula Stenzel hat daraufhin vier Wochen Zeit, diese einzuberufen. Allerdings ist auch noch eine Budgetsitzung ausständig – sie könnte diesen Termin dafür nützen, diese nachzuholen und die konstituierende Sitzung weiter nach hinten zu verschieben.

Auf Nachfrage bestätigt man im Rathaus, dass sich Stenzel tatsächlich beim Verfassungsdienst erkundigt hat, wie lang sie denn längstens im Amt bleiben könne. Sollte es also tatsächlich so sein, dass man sich im Bezirk nicht auf einen Termin einigen kann und Stenzel sich querlegt, müsste ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden – der Bürgermeister hätte hier das letzte Wort.

Ab nächster Woche Dienstag ist Ursula Stenzel dann jedenfalls auch Gemeinderätin der FPÖ. Normalerweise gilt für Bezirksvorsteher ein Nebenberufsverbot – die Tätigkeit eines Gemeinderats gilt formell aber nicht als Beruf. Derzeit verdient Stenzel rund 10.000 Euro – als Gemeinderätin bekommt sie rund 6500 Euro. In Summe wären das 16.500 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.