Leitl kritisiert "bequemes Weiterwurschteln" in Österreich

Christoph Leitl
Christoph Leitl(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Deutschland gehe es besser als Österreich, so der WKÖ-Chef. Den Grund dafür sieht er im fehlenden Reformwillen. Das TTIP verteidigt Leitl nach Protest von Kammermitgliedern.

Österreich habe in den vergangenen Jahren gegenüber Deutschland und der Schweiz laufend an Wettbewerbsfähigkeit verloren, sagte Leitl bei den "Wirtschaftspolitischen Gesprächen" in Wien. "Dieses ständige Bergabgehen macht mir Sorgen". Deutschland habe deutlich mehr Wachstum als Österreich, sinkende Arbeitslosenzahlen, erziele Budgetüberschüsse und baue Schulden ab, sagte Leitl. Deutschland habe genauso wie die Schweiz und Schweden tiefgreifende Reformen umgesetzt. Reformen, so Leitl weiter, „die eigentlich wir Österreicher auch hätten machen müssen, aber nicht getan haben". Darüber seien sich alle Experten einig, aber in Österreich habe man sich entschlossen, "den Leuten nicht die Wahrheit zu sagen, sondern eher bequem weiterzuwurschteln".

"TTIP wird vorsichtshalber abgelehnt"

Leitl kritisierte außerdem, dass das Freihandelsabkommen mit den USA in Europa auf starken Widerstand stößt. "Noch bevor wir Europäer wissen, was in diesem TTIP drinnen ist, lehnen wir es vorsichtshalber schon einmal ab", sagte der Wirtschaftskammer-Präsident. "Es kann nicht so sein, dass wir TTIP einmal ablehnen, dass wir Afrika vor unserer Haustüre als natürlichen Partner den Chinesen überlassen, und mit den Russen haben wir uns nachhaltig überworfen, sodass auch die Idee einer transkontinentalen Freihandelszone derzeit nicht realistisch ist."

Grund für Leitls Statement: In der Wirtschaftskammer regt sich Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen. Kleine und mittlere Unternehmen fordern von ihrer Standesvertretung eine kritische wissenschaftliche Studie. Diese solle nicht nur die Chancen für "einige wenige" kleinere und mittelgroße Unternehmen beleuchten, sondern auch die Risiken und Nachteile für "99 Prozent der KMU", die nicht nach Kanada oder in die USA exportieren, so die Initiatoren, unter ihnen "Sonnentor"-Gründer Johannes Guttmann und Volker Plass von der Grünen Wirtschaft, in einer Aussendung. „Angesicht dessen, dass weniger als ein Prozent der österreichischen KMU in die USA exportiert, erwarten wir von der WKÖ und Präsident Christoph Leitl eine ausgewogenere Befassung über die Auswirkungen von TTIP“, so Guttmann.

2000 Unterschriften gegen TIPP gesammelt

In den vergangenen Monaten haben sie 2.000 Unterschriften von KMU gesammelt und diese an WKÖ-Chef Leitl übergeben. Zu den Unterzeichnern zählen unter anderem bekannte Unternehmen wie Culumnatura, Schirnhofer oder Kelomat.

>>> Unterschriftenliste gegen TTIP

(APA)

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