ÖVP bringt wieder Pensionsautomatik ins Spiel – SPÖ lehnt ab

Ab Dienstag sagen die Abgeordneten Schelling ihre Meinung zum Budget.
Ab Dienstag sagen die Abgeordneten Schelling ihre Meinung zum Budget.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Ab Dienstag debattiert der Nationalrat das Budget 2016. Intern geht es um eine Reform des Pensionssystems.

Wien. Es ist wie die politische Version des Films „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Alle Jahre wieder sorgt sich die heimische Politik um die Zukunft des Pensionssystems, und alle Jahre wieder bringt die ÖVP als eine Lösung dafür die Pensionsautomatik ins Spiel (eine Überlegung ist die automatische Anhebung des Pensionsantrittsalters mit der Lebenserwartung). Die SPÖ lehnt genauso traditionell das Ansinnen ab – und nach heftiger Diskussion bleibt am Ende alles gleich.

Auch heuer dürfte das Spiel wieder beginnen. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) will in den kommenden Tagen ein parteiinternes Verhandlungspapier zum Thema Pensionen erstellen. Darin enthalten sein dürfte auch die Forderung nach einer Pensionsautomatik für Veränderungen im Pensionssystem: Es gebe Überlegungen in diese Richtung, fix sei das aber „keinesfalls“, sagte Schelling im Ö1-„Morgenjournal“.

In den kommenden zehn Tagen werde man die Vorschläge mit Experten durcharbeiten, wenn die ÖVP-Gremien dem Papier zustimmen, werde man in die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner gehen. Angesprochen auf die Pensionsautomatik meinte der Finanzminister: „Was die wenigsten wissen ist, dass auch in der Pensionsreform 2004 eine Automatik im System drin ist – die wird nur nie angewandt.“

Das wusste offenbar auch die Regierung Gusenbauer/Molterer nicht, die sich 2008 auf die Pensionsautomatik geeinigt hatte – und die schlussendlich auch am Nein der SPÖ zu dieser Pensionsautomatik gescheitert ist (der damalige VP-Chef, Wilhelm Molterer, verärgerte den geschäftsführenden SPÖ-Chef und späteren Bundeskanzler Werner Faymann nachhaltig mit den berühmten Worten „Es reicht“).

Eine Anpassung des Pensionsantrittsalters ist nach Expertenmeinung eine mögliche Maßnahme, um das Pensionssystem, das unter Überalterung leidet, zu sichern. Die Österreicher gingen 1970 im Durchschnitt mit 61,3 Jahren in Pension und konnten den Ruhestand etwas mehr als 15 Jahre lang genießen. Die Lebenserwartung lag damals bei 76,8 Jahren. 2010 gingen die Menschen mit 58,1 Jahren in Pension und werden im Durchschnitt 83,4 Jahre alt. Sie sind also 25 Jahre in Pension. Das gesetzliche Pensionsantrittsalter hat sich in diesem Zeitraum kaum geändert.

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder ließ am Montag bereits wissen, dass man „eine Automatik, die rein auf Antrittsalter und Lebenserwartung abzielt“, ablehne. Denn für die Stabilität des Pensionssystems seien auch andere Parameter wie etwa die Beschäftigungsquoten von Bedeutung. Er wolle jetzt aber einmal sehen, wie die Diskussion in der ÖVP intern dazu verlaufe, meinte Schieder.

Budgetdebatte beginnt

Zumindest eine gute Nachricht gab es für den Finanzminister: In Brüssel signalisierte die EU-Kommission, dass sie die finanziellen Zusatzbelastungen für die Versorgung der Flüchtlinge als außerordentliche Maßnahme akzeptiere. Damit werden diese Kosten nicht in die Berechnung des Budgets 2016 einfließen, Österreich wird so also – sagt das Finanzministerium – ein strukturelles Nulldefizit erreichen.

Dass Experten diese Ansage samt der Berechnungen bezweifeln, wird zweifellos ab Dienstag bei der Budgetdebatte im Nationalrat zur Sprache kommen. Der Staatshaushalt 2016 sieht Ausgaben in Höhe von 77 Mrd. Euro und Einnahmen von 71,9 Mrd. Euro vor – ein Minus von 5,1 Mrd. Euro.

Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit soll mit 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zum sechsten Mal in Folge unter der dreiprozentigen EU-Vorgabe liegen. Das strukturelle Defizit (bereinigt um Einmaleffekte und konjunkturelle Schwankungen) wird mit den Flüchtlingskosten bei 0,66 Prozent liegen. Rechnet man diese Kosten heraus, kommt man laut Finanzressort unter die im europäischen Fiskalpakt vorgeschriebenen 0,5 Prozent.

Die Regierung wird im Rahmen der Budgetdebatte auch die Ergebnisse des Arbeitsmarktgipfels auf den Weg bringen. Umgesetzt werden etwa das Bonus-Malus-System bei älteren Arbeitnehmern für Unternehmen und die Senkung des Dienstgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds ab 2017. Darüber hinaus werden zahlreiche Maßnahmen aus dem Arbeitsrecht im Ministerrat beschlossen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2015)

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