OMV: Zurück in die Zukunft

Operations Inside The OMV AG Schwechat Oil Refinery
Operations Inside The OMV AG Schwechat Oil Refinery(c) Bloomberg (Akos Stiller)
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Erst im vergangenen Jahr abgeschafft – schon wieder aktuell: Wegen der Kooperation mit Gazprom will die OMV wieder einen Gasvorstand. Im Visier steht erneut ein Wintershall-Manager.

Wien. Auf dem Weg in die Zukunft mit neuer Strategie dreht OMV-Neo-Chef, Rainer Seele, wider Erwarten die Uhren stellenweise sogar zurück. Konkret soll in Österreichs größtem Industriekonzern wieder ein eigener Vorstand für den Bereich Gas und Commercial geschaffen werden, wie „Die Presse“ gleich aus zwei konzernnahen Quellen erfahren hat. Die OMV selbst erklärt auf Anfrage, „Vorstandsangelegenheiten grundsätzlich nicht zu kommentieren“.

Zur Erinnerung: Erst im Vorjahr ist das Gasgeschäft, einst Cashcow des Konzerns, als eigener Geschäftsbereich auf Vorschlag des Unternehmensberaters McKinsey gestrichen und der zuständige Vorstand, Hans-Peter Floren, abgesetzt worden. Nun, da Seele den russischen Gaskonzern Gazprom zum Hauptpartner macht und einen milliardenschweren Tausch von Vermögenswerten (Asset-Swap) mit ihm vorbereitet, wofür die OMV soeben Hybridschuldverschreibungen im Volumen von 1,5 Mrd. Euro emittiert, soll die Gassparte also auch in der Konzernführung aufgewertet werden. Der neue Vorstand wäre unter anderem für den Einkauf und die Kooperation mit Gazprom zuständig.

Personalressource Wintershall

Auf der Suche nach einer geeigneten Person ist die OMV, „Presse“-Informationen zufolge, schon fündig geworden. Im Visier steht Ties Tiessen, seit 2005 Mitglied des Vorstands der deutschen Gasgesellschaft Wintershall. Ebendort war Seele bis zu seinem heurigen Wechsel nach Wien Vorstandschef. Ebendort verantwortet Tiessen Finanzen, Sales und Commercial. Bis 2011 hat er für die Produktion verantwortlich gezeichnet, wobei sein Dienstsitz jahrelang Moskau war. Die Abwerbung von Wintershall soll sich allerdings schwierig gestalten.

Schon seit über einem Jahr gilt die BASF-Tochter Wintershall als mögliche Personalressource für die OMV. Zumindest zwei weitere Wintershall-Manager sind dem Vernehmen nach neben Seele heuer auch auf der Shortlist für den OMV-Chefposten gestanden – ein Hinweis darauf, dass Eigentümer und Aufsichtsrat der OMV die Ausrichtung des Konzerns Richtung Russland von langer Hand vorbereitet haben. Wintershall nämlich gilt seit über zehn Jahren als Gazproms engster Partner in Europa und hat Erfahrung mit Asset-Swaps in Russland.

Eine Frau als Finanzvorstand?

Erfahrung mit russischen Konzernen bringt übrigens auch der ehemalige Lenzing-Finanzvorstand Thomas Winkler mit, den Seele als Nachfolger von Finanzvorstand David Davies favorisiert. Gewiss, die OMV wollte bisher nicht bestätigen, dass auch Langzeit-CFO Davies auf der Abschussliste steht. Im Gegenteil, erst kürzlich bekräftigte Seele, dass er die Zusammenarbeit mit Davies sehr genieße.

Ob das auch umgekehrt der Fall ist, scheint fraglich. Davies soll bereits einen Rechtsanwalt beauftragt haben, der ihn bei den Verhandlungen um die Vertragsauflösung berät. Davies' Abgang würde für das börsenotierte Unternehmen teuer werden. Schließlich läuft sein Vertrag bis 31. März 2017. Und Davies soll nicht bereit sein, auf irgendeinen seiner Ansprüche daraus zu verzichten. Das zeugt übrigens davon, dass die geplante Trennung nicht von ihm ausgeht.

Während also im Hintergrund mögliche Ausstiegsszenarien diskutiert werden, ist der Kampf um Davies' Nachfolge zuletzt um eine Facette reicher geworden. Wie aus OMV-Kreisen zu erfahren ist, macht sich nun Martha Oberndorfer, die Generalsekretärin des staatlichen OMV-Anteilseigners ÖBIB, dafür stark, dass endlich eine Frau in die Vorstandriege der OMV einzieht. Neben Winkler stehen nämlich nur zwei männliche Kandidaten auf der Shortlist, beide lang gediente OMV-Führungskräfte, die schon über Jahre für diese Funktion aufgebaut wurden. Auf Oberndorfers Betreiben hin sollen nun auch schon mehrere Kandidatinnen in einem Hearing unter die Lupe genommen worden sein. Breite Unterstützung beim Rest des Aufsichtsrates hat Oberndorfer dabei nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2015)

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