Lasst die Unternehmer einfach nur arbeiten!

In Österreich als Selbstständiger tätig zu sein, wird mühsamer. Wir sind bereits auf einen amerikanischen Weg eingeschwenkt, der strukturell große Einheiten fördert und kleinen Betrieben immer mehr Schwierigkeit bereitet.

Österreich ist kein guter Ort für Unternehmer. Sie werden in diesem Land einfach nicht gemocht. Im gesellschaftlichen Diskurs schwankt ihr Image irgendwo zwischen bösem Ausbeuter, reichem Geldsack und steuerhinterziehendem Klassenfeind. Seitens des Gesetzgebers wird man immer stärker als verlängerte Werkbank eines regulierungswütigen Nanny-Staates missbraucht und von öffentlichen Stellen als Versuchslabor für diverse Subventionsvorhaben verwendet.

Diese Klage soll nicht weinerlich klingen: Unternehmer ist man in der Regel gern und aus Überzeugung. Man genießt die Selbstständigkeit und die Arbeit rund um ein Thema, das man sich selbst ausgesucht hat. Und man mag – ja, man hofft, gutes Geld damit zu verdienen.

Immer mehr Steine im Weg

Die von so manchem Politiker in Sonntagsreden beschworene wichtige Aufgabe des Unternehmertums für die Gesellschaft als Schöpfer von frischen Ideen und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, ist sicher richtig und wichtig, aber wahrscheinlich nur selten der Antrieb für unternehmerisches Handeln. Nein, man möchte einfach etwas unternehmen.

Und da stehen wir nun beim Problem unserer Zeit. Mittlerweile werden jedem Selbstständigen derart viele Steine in den Weg gelegt, dass es immer schwieriger wird, sich an den positiven Aspekten unternehmerischer Tätigkeit aufzubauen. Kurz: Es macht immer weniger Spaß, unternehmerisch tätig zu sein.

Ein paar Schmankerln aus der Erfahrung eines seit über 20 Jahren recht erfolgreich in der Gastronomie Tätigen gefällig? Das Theater rund um das Rauchverbot will ich hier gar nicht nacherzählen. Es ist sicher im Sinn aller, vor allem der Anrainer, dass künftig rauchende Gesprächsrunden am Gehsteig vor dem Lokal fixer Bestandteil des Stadtbildes sein werden.

Auch, dass ich verpflichtet bin, ständig die Temperatur eines Kühlschranks, in dem ausschließlich Getränkeflaschen gelagert werden, zu kontrollieren und zu dokumentieren, ist sicher sinnvoll, beschützt mich doch hier die helfende Hand des Staates vor unzufriedenen Kunden, sollte einmal das Cola zu warm sein.

Überhaupt nicht unzufrieden waren meine Gäste bisher wegen fehlender Allergen-Kennzeichnungen. Jeder Allergiker hat in der Vergangenheit dreimal nachgefragt, ob er eine bestimmte Mahlzeit zu sich nehmen kann. Vorfälle: null. Nun ist jede Speisekarte tagtäglich mühsamst umzugestalten (ja, es wird täglich frisch gekocht!) beziehungsweise Mitarbeiter entsprechend zu schulen. Toll, geändert hat sich allerdings nichts: Allergiker fragen trotzdem nach – Vorfälle weiterhin keine.

Wenn die Kontrollore kommen

Ringt einem die Allergen-Verordnung schon ordentliche lebensmittelanalytische Fähigkeiten ab, so stellt mich die auf uns zukommende verpflichtende Nährstoffangabe meiner Produkte vor unlösbare Probleme. Soll ich meine Produkte vor dem Verkauf in ein Labor schicken? Ich bin doch kein Lebensmittelchemiker, sondern Wirt! Aber keine Sorge, die Lösung für uns Wirte liegt doch mit der Verwendung von industriellen Fertiggerichten auf der Hand.

Dass ich meinen Angestellten eine Einschulung in das Verstellen des Bürosessels geben muss – selbstverständlich alles dokumentiert und protokolliert – mag noch als amüsantes Detail durchgehen. Die Überprüfung jedoch, ob bei mir im Einsatz befindliche Leiharbeiter bei ihren Leiharbeitsfirmen ordentlich angemeldet sind, halte ich hingegen für ein starkes Stück.

Richtig ärgerlich kann man werden, wenn an einem Freitagabend, eine für ein kleines Wirtshaus nicht unwesentliche Zeit, eine Abordnung von Marktamt, Gewerbeamt, Zoll, Einwanderungsbehörde und Polizei für eine Routinekontrolle anrückt. 20 Personen bevölkern dann ein kleines Lokal, das sonst mit 30 Gästen bereits gut gefüllt ist, und kontrollieren allerlei wichtige Dinge, wie Größe und Beschaffenheit des Schneidbretts, die richtige Platzierung des Nichtraucherpickerls, oder Vorhandensein und Durchführung eines Abfallwirtschaftskonzepts. Wie man sich vorstellen kann, bedarf es einiger Verrenkungen, um in diesem Setting dann auch noch Gästewünsche angemessen zu erfüllen.

Besondere Hingabe ist notwendig, wenn man rund um ein Fußballspiel Public Viewing anbieten will und man das Pech hat, dass ein fließendes Gewässer in der Nähe ist. Denn dann braucht man dafür abgestellte Taucher zur Rettung betrübter Fans. Dass Liegestühle von Behörden als Wurfgeschosse klassifiziert werden und daher fix miteinander verbunden werden müssen, war mir auch neu.

Was für eine goldene Nase?

Beim aktuellen Aufregerthema Registrierkassa kann man als ordentlich arbeitender Gastronom zwar relativ entspannt sein. Eine weitere Auflage aber ist sie allemal, genauso wie sie zusätzliche Kosten verursacht – und deshalb für viele ein verständliches Ärgernis darstellt. Üblicherweise kommt nun der Einwand, man soll nicht ständig jammern und klagen, die ganzen behördlichen Auflagen kosteten ohnehin nicht so viel und man verdiene sich ja ohnedies eine goldene Nase.

Daher nur einmal zur Einordnung: Mein Hauptlokal existiert und funktioniert seit 20 Jahren. Das ist in der Gastronomie nicht ganz selbstverständlich. Mit diesem Goldesel mache ich rund 500 Euro Umsatz pro Tag. Umsatz wohlgemerkt, da kommen noch die Kosten für die Angestellten weg, inklusive Sozialversicherungsbeiträge für das 13. und 14. Gehalt (wozu eigentlich, bin ich in den beiden Monaten dann doppelt so gut versichert?), Wareneinkauf, Mieten, Steuern, Abgaben etc. Eine goldene Nase sieht anders aus.

„Geh mir bitte aus der Sonne!“

Wie schon gesagt, darüber beklage ich mich nicht. Ich mache das seit vielen Jahren und bin damit zufrieden. Was einem jedoch den Spaß verdirbt, ist die oben beschriebene, anhand einiger weniger Beispiele dargestellte Situation überbordender Regeln, Gesetze und Kosten. Viele meiner Kollegen haben bereits das Handtuch geworfen, weitere werden dies in nächster Zeit sicherlich tun – und nicht nur in der Gastronomie.

Schmerzhaft ist der Eindruck, dass wir uns seit Jahren auf einem amerikanischen Weg befinden, der strukturell große Einheiten bevorzugt und fördert und kleine Unternehmen immer mehr in Schwierigkeiten bringt. Auf der Strecke bleiben am Ende Vielfalt, Einzigartigkeit und Individualität. Dabei braucht eine Stadt genau das, um nicht ihren Charme zu verlieren.

Es braucht für kleine Unternehmen nicht irgendeine neue öffentliche Förderung, eine neue Ansprechstelle in der Kammer oder eine andere, staatliche Fürsorgemaßnahme. Alles, was sich der Philosoph Diogenes von Alexander dem Großen wünschte, als dieser anbot, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, war, er soll doch bitte aus der Sonne gehen. Ähnliches gilt für profane Unternehmer: Lasst uns in Ruhe arbeiten. Mehr ist es nicht.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

DER AUTOR

Alexander Kaiser ist gelernter Bäcker und Konditor. Er ist seit über 20 Jahre selbstständig im Gastgewerbe aktiv. Seine Unternehmertätigkeit begann mit Catering, inzwischen betreibt er in Wien drei Gastro-Lokale und zwei Gewürzgeschäfte. Seit 2013 ist er auch Präsident des Hockey Clubs Wien, einem Verein für Feld- und Hallenhockey.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2015)

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