Fiskalrat glaubt nicht an "strukturelles Nulldefizit"

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Fiskalrat glaubt nicht an "strukturelles Nulldefizit" APA/ROLAND SCHLAGER
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Fiskalrats-Präsident Felderer geht davon aus, dass das Finanzministerium Steuerreform und Asylkosten zu optimistisch budgetiert hat.

Österreich droht 2016 die EU-Budgetregeln zu verfehlen - insbesondere auch das "strukturelle Nulldefizit". Davon geht nach der EU-Kommission nun auch der Fiskalrat aus, der die Einhaltung der europäischen Sparvorgaben überwacht. Fiskalrats-Präsident Bernhard Felderer begründete das am Donnerstag unter anderem mit zu optimistischen Annahmen des Finanzministeriums bei der Steuerreform und den Asylkosten.

Das Finanzministerium hat für 2016 ein (um Einmaleffekte und Konjunkturschwankungen bereinigtes) "strukturelles Defizit" von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung eingeplant. Damit würden die EU-Vorgaben knapp aber doch erfüllt. Allerdings hat Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) dabei die Kosten der Flüchtlingskrise herausgerechnet - was die EU-Kommission so nicht akzeptiert und die Kosten allenfalls im Nachhinein berücksichtigen möchte.

Österreich könnte vier von fünf EU-Vorgaben verfehlen

Damit droht Österreich nach Einschätzung der EU-Kommission eine - wenn auch nicht signifikante - Abweichung von den EU-Budgetvorgaben. Deutlich pessimistischer nun die Einschätzung des Fiskalrates: Er rechnet für kommendes Jahr mit einem strukturellen Defizit von 1,4 Prozent der Wirtschaftsleistung. Weil auch die Schuldenquote zu langsam sinkt und die Ausgaben zu stark wachsen, droht Österreich nach Einschätzung des Fiskalrates vier von fünf EU-Vorgaben zu verfehlen.

Ausschlaggebend dafür ist erstens die anhaltend schwache Konjunktur. "Sie wird uns weder erlauben, die Schulden dramatisch zu reduzieren noch die Arbeitslosigkeit zurückzudrehen", sagte Felderer. Außerdem hat das Finanzministerium aus Sicht des Fiskalrates zu optimistisch budgetiert: So wurde eine politisch noch nicht akkordierte, 400 Mio. Euro schwere "Sonderdividende" aus Staatsbetrieben eingeplant. Auch an die zur Gegenfinanzierung der Steuerreform angekündigten Einsparungen glaubt der Fiskalrat nicht im vollen Ausmaß. Und die Kosten für die Flüchtlingskrise werden vom Fiskalrat ebenfalls höher angesetzt als vom Finanzministerium.

Die direkten Folgekosten der Flüchtlingskrise beziffert Felderer mit 700 Mio. Euro im heurigen und 1,7 Mrd. Euro im nächsten Jahr. Insbesondere wird mit einem starken Ansteigen der Flüchtlinge unter den Mindestsicherungs-Beziehern (von 3.700 auf 35.000) gerechnet. Allerdings dürften die zusätzlichen Ausgaben laut Felderer für eine kurzfristige Belebung der Wirtschaft (um 0,2 Prozentpunkte) sorgen, weil sie "wie ein keynesianisches Konjunkturpaket" wirken würden.

In seinen Empfehlungen an die Regierung fordert der Fiskalrat, massiv in die Integration der Asylwerber zu investieren. Unabhängig von der Flüchtlingskrise plädieren die Budgetwächter für die Senkung der Lohnnebenkosten, mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur (Bahn, Glasfaser-Internet) sowie die Sicherung der "langfristigen Tragfähigkeit" der Pensionen.

Sollte Österreich die Budgetvorgaben tatsächlich wie vom Fiskalrat erwartet verfehlen, dann könnte 2017 die Einleitung eines Defizitverfahrens drohen. Allerdings räumte Felderer ein, dass die Prognosen des Fiskalrates lediglich ein "Frühwarnsystem" darstellen: "Ob die Prognose auf das Zehntel genau stimmt, ist irrelevant."

(c) APA

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